Leichter "Exosuit" Aufs Schlachtfeld im Roboteranzug
Wenn Bruce Wayne in seinen schwarzen Anzug steigt, wird aus ihm ein Superheld. Als Batman bekämpft er die Verbrecher von Gotham City.
Kräfte, wie sie der Fledermausmann durch seinen Anzug hat, wären auch im Alltag ausgesprochen hilfreich: wenn man etwa den Wocheneinkauf die Treppe hochschleppen muss oder einem trotz eines beherzten Sprints der Bus vor der Nase wegfährt.
Dem Traum vom leichten Anzug, der Monsterkräfte verleiht, sind Forscher um Jinsoo Kim von der Harvard University nun vielleicht ein Stück näher gekommen. Sie haben einen sogenannten Exosuit entwickelt, der Menschen beim Laufen und Gehen unterstützt. Ihren Bewegungsassistenten stellen sie nun in der Fachzeitschrift "Science" vor .
Er kann leicht über Sportkleidung getragen werden und erinnert an Klettergurte, wie sie Bergsteiger verwenden: Ein Gurt wird um die Hüfte gelegt, zwei über die Schultern. Jeweils eine Manschette sitzt am Oberschenkel. Die Batterie ist vor dem Bauch befestigt - ein sogenannter Aktuator, der elektrische Signale in mechanische Bewegungen umwandelt, sitzt am Rücken. Zudem verfügt der Exosuit über zwei Elektromotoren, die die Bewegung von hinterem Oberschenkel und Hüfte unterstützen.
Als innovativ gilt die Entwicklung der Forscher vor allem aus einem Grund: Das System kann Laufen von Gehen unterscheiden und passt sich den Bewegungsabläufen seines Trägers an, wenn der die Gangart wechselt. Sensoren am Oberschenkel und ein spezieller Algorithmus übermitteln der Bewegungsmaschine, ob ihr Träger gemütlich geht oder schon joggt.
Im Video: Die Mensch-Maschinen
Die Bewegungsmuster beim Gehen unterscheiden sich stark von denen beim Laufen. Unser Gehirn kann sie leicht auseinanderhalten, doch Maschinen hatten mit der unterschiedlichen Biomechanik bisher Schwierigkeiten. Deshalb konnten bisherige Exoskelette nur entweder das Gehen oder den Lauf unterstützen. Nun ist es den Entwicklern gelungen, beide Bewegungsarten in einem Exosuit zu vereinen. Laut den Forschern liegt die Energieeinsparung für das Gehen bei etwa neun Prozent, die fürs Laufen bei immerhin vier.
Der Bewegungsassistent ist mit fünf Kilogramm verhältnismäßig leicht - ein klarer Vorteil gegenüber älteren Modellen. Außerdem lässt der Exosuit seinem Träger besonders viel Bewegungsfreiheit.
Der rasante Fortschritt der Robotik in den letzten Jahren hat die Technik solcher Geräte stark verbessert. Exoskelette unterstützen Bewegungsabläufe des Körpers mit Maschinenkraft, bestehen aber meist aus starren Metallkonstruktionen. Inzwischen gibt es leichtere und flexiblere Modelle, ähnlich wie die aktuelle Entwicklung.
Solche Geräte sollen Schlaganfallpatienten bei der Reha helfen oder Behinderte mobiler machen. Deutsche Firmen wie der Prothesenhersteller Ottobock oder das Augsburger Unternehmen German Bionic System bieten mechanische Exoskelette an, die Heimwerker wie Industriearbeiter unterstützen. Auch die Autobauer Audi und VW haben sie schon getestet.
Die Harvard-Forscher haben dagegen das Militär im Blick. Ihre Arbeit war Teil des Warrior-Web-Programms und wurde von der Defense Advanced Research Projects Agency (Darpa) gefördert, einer Behörde des US-Verteidigungsministeriums. Die Forscher tüfteln an Bewegungsassistenten, die beispielsweise muskuläre Verletzungen bei Soldaten im Einsatz reduzieren sollen. "Das ultimative Programmziel ist ein leichter Anzug, der unter der Kleidung getragen werden kann - ähnlich einem Neoprenanzug." Er soll verletzungsgefährdete Bereiche schützen und Überlastungen der Soldaten verhindern.
Wo die Entwicklung der Technik langfristig hinführen könnte, zeigt ein Kommentar , der zusammen mit der aktuellen Studie erschienen ist. José Pons von der Northwestern University in Chicago glaubt, dass solche Systeme immer kleiner und flexibler werden. Die aktuelle Entwicklung der Forscher sei ein weiterer Schritt auf dem Weg hin zu einer Technik, die irgendwann einmal direkt über das menschliche Nervensystem gesteuert werden könnte, sagt Pons, der am Shirley Ryan AbilityLab mit seiner Forschergruppe Reha-Programme entwickelt.
Neuronale Schnittstellen könnten dann möglicherweise direkt in die Oberschenkelmuskulatur implantiert werden. Und das klingt dann tatsächlich ein wenig so, als könnte es aus einem Batman-Comic stammen.