Der Kampfpanzer Leopard 2 bei einer Übung. Nach langem Hin und Her ist klar: Deutschland liefert zeitnah auch diese Kriegswaffe an die Ukraine. Kiew hofft, mit dem modernen Kampfpanzer russisch besetzte Gebiete zurückerobern zu können.
Wie der Leopard-2 der Ukraine dabei helfen könnte und was ihn besonders macht, erklärt der Leiter des Deutschen Panzermuseums im Bundeswehrstandort Munster.
Ralf Raths, Leiter Deutsches Panzermuseum:
»Der Kampfpanzer ist tatsächlich, im Bild der gepanzerten Faust, das Fahrzeug, das nach vorne fährt und den Durchbruch erzwingt, durch Feuerkraft. Er fährt vor, er schießt, er bekämpft andere Kampfpanzer, das ist seine Hauptaufgabe. Er bekämpft aber auch andere gepanzerte Fahrzeuge, Bunker, Feldbefestigungen, Stellungen, alles was es gibt. Also er ist das Fahrzeug, das mit Gewalt den Durchbruch schafft mit Feuerkraft.«
Nachdem Deutschland grünes Licht gegeben hat, wollen jetzt zwölf europäische Staaten der Ukraine insgesamt 80 Leopard-2 zur Verfügung stellen. Kostenpunkt pro Stück: etwa 12 bis 20 Millionen Euro. Deutschland selbst will 14 Leoparden vom Typ A6 liefern – eine moderne Variante des deutschen Kampfpanzers.
Ralf Raths, Leiter Deutsches Panzermuseum:
»Die Quartettdaten des Leopard ändern sich nicht besonders groß. Es ist immer ein Panzer, der um die 60 Tonnen herum wiegt, mal mehr, mal weniger, je nach Ausführung. Er hat einen 1500-PS-Dieselantrieb hinten verbaut. Das macht ihn sehr mobil, er wird sehr schnell – bis zu 70 km/h unter den richtigen Bedingungen. Er hat ein 120-Millimeter-Glattrohr verbaut als Hauptkanone, was so ein bisschen der Goldstandard der Nato geworden ist. Es sind wie gesagt vier Personen im Fahrzeug und das war's auch schon.«
Für manche gilt der Leopard 2 als bester Kampfpanzer der Welt. Dabei ist das schwere Gerät aus deutscher Herstellung eigentlich ein Kompromiss – allerdings ein sehr guter.
Ralf Raths, Leiter Deutsches Panzermuseum:
»Die Eigenart des Leopard ist, dass er die Sachen, die ein Kampfpanzer liefern muss, diese Beweglichkeit, den Schutz durch die Panzerung und die Feuerkraft in einem sehr ausgewogenen Paket bringt. Das heißt, die Kanone ist jetzt nicht die beste der Welt, aber sie ist ausgezeichnet. Die Panzerung ist nicht eine besonders neue oder eine besonders gute, aber sie ist eine sehr gute. Und die Mobilität des Fahrzeuges, die ist auch einfach sehr gut im Gelände – sowohl Endgeschwindigkeit als auch vor allen Dingen Beschleunigen und durch die Gegend fahren, wenn es vorwärts und rückwärts geht. Er kann nichts besonders gut, aber er macht auch nichts schlecht. Und das ist das, was man auf dem Gefechtsfeld haben will.«
Am Turm zeigt Ralf Raths den Innenraum des Leopard. Anders als bei den russischen T-Panzern müssen hier nicht nur drei, sondern vier Soldaten Platz finden. Arbeit auf engstem Raum – und unter höchstem Druck.
Ralf Raths, Leiter Deutsches Panzermuseum:
»Die Besatzung des Leopard besteht aus vier Personen. Eine Person, der Fahrer sitzt vorn in der Wanne, im Auto selber, unten quasi in der Front des Fahrzeuges. Die anderen drei Personen sind alle in diesem Turm. Auf der Seite, wo wir gerade sind, arbeitet der Ladeschütze. Das ist die Person, die während des Gefechts den körperlich anstrengenden Job hat. Der Job ist nämlich dann einfach nur die Munition, also die großen Patronen, zu nehmen und die in den Verschluss der Kanone zu wuchten, dann zu verschließen und Bereitschaft zu melden. Das ist extrem anstrengend, weil diese Patronen ungefähr 20 bis 23 Kilo wiegen. Auf der anderen Seite der Kanone sitzt vorne also so ein bisschen tiefer der Richtschütze. Das ist die Person, die wirklich zielt und abdrückt, die also den Feuerkampf führt. Aber ansonsten hat das Sagen eben der Kommandant dahinter beim Schützen, dessen Aufgabe es ist, das ganze Fahrzeug zu führen. Hier muss alles extrem schnell gehen, denn wer zuerst den Gegner sieht und zielt und schießt und trifft, tötet auch.«
Vielleicht kann die mächtige Waffe tatsächlich die erhoffte Wendung für die Ukraine bringen: aus der Defensive in die Offensive kommen. Denn der Leopard-2 ist den russischen Kampfpanzern tatsächlich überlegen – zumindest im direkten Duell.
Ralf Raths, Leiter Deutsches Panzermuseum:
»Das rührt daher, dass im Kalten Krieg die Westpanzer eben nach diesem Konzept gebaut wurden. Das Einzelfahrzeug war sehr teuer, sehr kompliziert, sehr groß, aber dafür eben auch leistungsfähig und lange am Leben zu erhalten. Während die Ostpanzer, diese berühmten T-72 und so weiter, eher so gebaut waren, dass sie all das nicht waren. Aber dafür konnte man mehr davon bauen. Und jetzt ist aber so, dass es in der Ukraine eben nicht so viele russische Panzer gibt, wie im Kalten Krieg gekommen wären. Und da können die Westpanzer ihre Stärken ausspielen.«
Die Umgewöhnung der ukrainischen Streitkräfte von Ost- auf Westpanzer hält Experte Ralf Raths für unproblematisch. Eher werde es darauf ankommen, den Leopard im Verbund mit anderen hochmodernen Systemen arbeiten zu lassen.
Ralf Raths, Leiter Deutsches Panzermuseum:
»Also es ist schon schwierig, das Fahrzeug in Perfektion, in höchster Güte einzusetzen. Aber die grundlegenden Funktionen, die sind relativ schnell zu lernen und das Fahrzeug dann so einzusetzen, dass sein Potenzial auch ausgeschöpft wird. Das hängt natürlich einerseits von technischer Bedienung, aber vor allen Dingen von taktischem Denken und Verständnis fürs Gefechtsfeld ab. Und das haben die Ukrainer – mehr als die meisten andere Nationen in Europa momentan. Insofern mache ich mir keine großen Sorgen, dass sie das Gerät schnell in den Griff bekommen.«
Für die Ukraine geht es um alles. Und deswegen ist Kiew bezüglich weiter Waffensysteme auch nicht zurückhaltend: Am Donnerstag forderte der stellvertretende Außenminister der Ukraine, Andrij Melnyk, von Deutschland die Lieferung von Tornado- und Eurofighter-Kampfjets, Kriegsschiffen und U-Booten.