Laserexperiment Physiker jubeln über wichtigen Schritt zur Kernfusion

Die Kernfusion könnte die Energieprobleme der Menschheit mit einem Schlag lösen. Doch seit Jahrzehnten versuchen Physiker vergeblich, sie zu zünden. Nun bestätigen US-Forscher wichtige Fortschritte dank ultrakurzer Laserpulse.
Brennstoff für die Kernfusion: Ein Laser verdichtet Wasserstoff in einem Pellet

Brennstoff für die Kernfusion: Ein Laser verdichtet Wasserstoff in einem Pellet

Foto: Eddie Dewald / LLNL

Die Energieausbeute entspricht dem, was in ein paar handelsüblichen Mignon-Batterien steckt - und doch ist sie für Physiker ein Grund zur Aufregung. Selten dürften sich Forscher so über 17 Kilojoule gefreut haben wie die Forscher des Lawrence Livermore National Laboratory in Kalifornien in den vergangenen Monaten. Denn der Weg, den sie nutzten, um die relativ kleine Menge an Energie zu gewinnen, ist einer der vielversprechendsten für die zukünftige Energieversorgung: die Kernfusion.

Die Forscher um den Physiker Omar Hurricane konnten zwar noch keine stabile Fusion in Gang halten und zünden. Und auch ihre gesamte Energieeffizienz liegt noch unter einem Prozent und damit weit weg von einem arbeitenden System. Doch in einer nun im Fachmagazin "Nature"  veröffentlichten Studie zeigen die Wissenschaftler der National Ignition Facility (NIF), dass ihre Laseranlage ohne Einberechnung der vorherigen Verluste mehr Energie liefern kann, als sie vorher absorbiert hat - ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer stabilen Laser-Kernfusion.

Bereits Ende des vergangenen Jahres waren Informationen an die Öffentlichkeit gedrungen, dass die Forscher Fortschritte verzeichnen konnten und begannen, anfängliche Probleme zu meistern.

Selbstheizung mindert Energieverluste

Für ihre Versuche bestrahlten die Forscher in einem sogenannten Hohlraum ein Pellet aus den Wasserstoff-Isotopen Deuterium und Tritium mit 192 Lasern. Die kleine goldene Kammer wandelte die Energie des Lasers in Röntgenstrahlung um. Die wiederum verdichtet dann das von Kunststoff eingehüllte Pellet stark und setzte so eine zeitweilige Fusion in Gang: Die Wasserstoffatome verschmelzen zu Helium und Energie wird frei.

"Das endgültige Ziel der Fusion ist vergleichbar mit einem Dieselmotor", erklärt Markus Roth, Kernphysiker und Fusionsforscher an der Technischen Universität Darmstadt. "Unter hohem Druck zündet das Brennstoffgemisch bei der Fusion und eine Brennwelle frisst sich durch den Treibstoff nach außen." Dabei wird Energie frei.

Besonders bemerkenswert sind die Fortschritte, die den Physikern durch die Selbstheizung der Fusion gelungen sind, bei der die freigesetzte Energie genutzt wird, um die Fusion am Laufen zu halten. Denn in vorherigen Versuchen sorgten Energieverluste durch entweichende Alpha-Strahlung für unerwartet schlechte Ergebnisse. Statt ihre Energie im Brennstoff abzugeben, transportierte die Strahlung sie nach außen. Die Fusion war nicht so stark wie erhofft. Zerbrechende Pellet-Hüllen und unförmige Plasma-Brennstoff-Kugeln ließen viel Energie verpuffen.

Mit ihren neuen verbesserten Versuchen sind die Forscher aber zuversichtlich. "Wir sehen, dass ein immer größer werdender Anteil der Ausbeute von der Alpha-Partikel-Selbstheizung herrührt, je mehr wir die Implosionen verstärken", so der Erstautor Hurricane.

Uran und künstliche Diamanten

Vor allem ließ sich durch moderne Lasersysteme die Effizienz und Energieausbeute um mehr als das Zehnfache steigern, betont auch Roth. Die Forscher gaben dem Laserpuls dafür ein feines Profil in seiner Dauer von nur rund 20 Nanosekunden. Sie variierten seine Stärke innerhalb dieser Zeit und konnten so das Gemisch kontrollierter Aufheizen.

Die letzten noch unveröffentlichten, aber in Fachkreisen bekannten Versuche im Dezember seien daher sogar noch besser ausgefallen, verrät Roth. Und die Forscher seien nun, nachdem die anfänglichen Probleme erkannt seien, auf einem guten Weg, die Effizienz in den kommenden Monaten weiter zu verbessern. Eine bessere Abstimmung des Lasers, mit künstlichen Diamanten ummantelte Pellets oder andere Hohlraummaterialien wie Uran könnten dabei helfen - auch wenn eine Zündung der Fusion, die "Ignition", in weiter Ferne ist.

Die neuen Forschungsergebnisse beleuchten auch die Symmetrie der Brennstoffblase und ihrer Form bei der Bestrahlung. Die Ergebnisse der US-Forscher bereiten damit den Weg für noch kommende Experimente und helfen, die womöglich irgendwann nutzbare Fusion und ihre grundlegenden Vorgänge besser zu verstehen.

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