Ökostrom-Ausbau Windräder und Naturschutz - geht das zusammen?

Bringen Windräder die Energiewende voran oder gefährden sie Tiere und Pflanzen? Klima- und Naturschutz sind schonend möglich, glaubt das Bundesamt für Naturschutz. Und gibt neue Empfehlungen.
Windenergiepark in Brandenburg

Windenergiepark in Brandenburg

Foto: Patrick Pleul/ dpa

Auf der einen Seite wünscht sich Deutschland eine Energiewende mit Strom aus umweltfreundlichen Quellen wie Sonne und Wind. Die Abschaffung des Kohlestroms ist eingeleitet - voraussichtlich 2038 soll das letzte Kohlekraftwerk in Deutschland vom Netz gehen. Auch der Atomausstieg ist beschlossene Sache.

Doch auf der anderen Seite regt sich auch gegen die Errichtung von Windrädern lokal oft Widerstand. Sie würden die Landschaft "verspargeln", heißt es. Zudem leiden Tiere: Der Lärm beim Bau von Offshore-Windparks stört Schweinswale und andere Meeressäuger. Auch Vögel seien von der wachsenden Zahl an Offshore-Windrädern betroffen, bemängeln Naturschützer.

Aus Sicht des Bundesamts für Naturschutz (BfN) muss deshalb künftig mehr Rücksicht auf den Schutz von Tieren, Pflanzen und Landschaften genommen werden. Schon beim Planen solle effizient mit Flächen umgegangen werden. Auch optische Einflüsse auf das Landschaftsbild müssten beachtet werden, heißt es im "Erneuerbare Energien Report". Der Bericht wurde jetzt von BfN-Präsidentin Beate Jessel in Berlin vorgestellt. Er basiert auf 40 Untersuchungen zu Artenschutz und Flächennutzungen.

Grundsätzlich sei es aber möglich, den Ökostromausbau in Einklang mit dem Naturschutz zu bringen, lautet die wichtigste Botschaft von Jessel - selbst wenn der komplette Strom in Deutschland aus erneuerbaren Energiequellen käme. Die Energiewende sei "Lösung und Problem zugleich", da Klimaschutz zwingend notwendig sei, um Arten und Lebensräume zu erhalten.

Laut BfN werden für die erneuerbaren Energien derzeit zunehmend naturnahe Flächen wie Wälder oder Grünland in Anspruch genommen. Windräder im Wald seien zwar nicht grundsätzlich ein Problem, wenn es sich um Fichten- und Kiefer-Monokulturen handele. Aber sie sollten nicht in alten Wälder, in Schutzgebieten oder für das Naturerleben besonders exponierte Hanglagen oder Bergkuppen stehen.

Um Fläche zu sparen, sei es wichtig, Energie effizienter zu nutzen und damit den Strombedarf insgesamt zu begrenzen, betonte Jessel. Außerdem müssten deutlich stärker als bisher Solaranlagen auf Gebäuden angebracht werden: "In den Städten auf den Dächern haben wir enorme Potenziale." Wichtig sei, Bürger stärker in die Planung einzubeziehen. Gegen neue Windrädern oder Stromtrassen gibt es an vielen Orten heftigen Widerstand von Bürgerinitiativen, die zum Beispiel mit dem Schutz von Vögeln und Fledermäusen argumentieren.

Strombedarf wird steigen

Um den Ausbau für Wind- und Solarenergie sinnvoll auf Deutschland zu verteilen, schlägt das Amt etwa eine Steuerung auf Bundesebene vor - beispielsweise über Ausschreibungen.

Den großflächige Anbau von Mais für Biogasanlagen sieht das BfN grundsätzlich kritisch: Für solche Energiepflanzen sehe man keine ausbaufähigen und naturverträglichen Handlungsoptionen. Solche Monokulturen tragen zum Verlust der biologischen Vielfalt bei.

Derzeit kommen mehr als 35 Prozent des Stroms in Deutschland aus erneuerbaren Energiequellen wie Wind, Sonne und Bioenergie. Der Anteil soll 2030 schon bei 65 Prozent und 2050 bei 80 Prozent liegen.

Der Strombedarf wird in den kommenden Jahren und Jahrzehnten stark ansteigen, weil zum Beispiel Elektroautos die Diesel und Benziner ersetzen sollen. Vor allem in Norddeutschland stehen viele Windräder, im Süden bewirken vor allem Solaranlagen und Energiepflanzen Veränderungen der Landschaft.

joe/dpa
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