Flugzeuge Piloten warnen vor Ozon in der Kabinenluft

In deutschen Flugzeugen gefährdet möglicherweise krebserregendes Ozon die Gesundheit von Besatzung und Passagieren, warnt die Pilotenvereinigung Cockpit. Die Gewerkschaft wirft den Airlines vor, in Kurz- und Mittelstreckenjets an der Sicherheit zu sparen.
Deutsche Verkehrsflugzeuge: Ozonkonverter ist gesetzlich nicht vorgeschrieben

Deutsche Verkehrsflugzeuge: Ozonkonverter ist gesetzlich nicht vorgeschrieben

Foto: Oliver Berg/ dpa

Berlin - Deutschlands Verkehrspiloten warnen vor potentiell krebserregendem Ozon in der Kabinenluft vieler Flugzeuge. Die Pilotenvereinigung Cockpit (VC) verschickte eine Mitteilung an Gewerkschafter deutscher Airlines, in der sie auf die Ozonbelastung in großen Teilen der deutschen Kurz- und Mittelstreckenflotten nahezu aller großer Fluggesellschaften hinweist.

Die Airlines hätten bereits vor fünf Jahren zugesichert, ihre Maschinen kurzfristig mit sogenannten Ozonkonvertern nachzurüsten und neue Maschinen damit ausstatten zu lassen. Das sei aber nicht der Fall, heißt es in dem Schreiben an alle Cockpit-Personalvertretungen deutscher Fluglinien, das SPIEGEL ONLINE vorliegt.

Ozon reizt Lungen und Atemwege und kann Kopfschmerzen sowie Entzündungen hervorrufen. Es steht im Verdacht, krebserregend zu sein. In großer Höhe ist die Ozonkonzentration deutlich höher als am Boden. In ihrem Warnschreiben verweist die Pilotengewerkschaft auf eine Studie im renommierten Fachmagazin "New England Journal of Medicine" , die bereits 2009 eine erhöhte Sterblichkeit für Atemwegserkrankungen ergeben hatte, wenn Menschen langfristig erhöhten Ozonkonzentrationen ausgesetzt sind.

Während dieses Risiko vor allem Piloten und Kabinenbesatzung treffen dürfte, ist eine schädliche Wirkung auch für Vielflieger oder sensible Passagiere denkbar.

Problem der Kurz- und Mittelstreckenflieger

"Teilweise komplette Flotten" besäßen keine Ozonkonverter, so die VC-Arbeitsgruppe Flugmedizin in dem Warnschreiben. Auf nahezu allen Langstreckenflügen bestehe das Problem dagegen nicht, weil der Einflug in den Luftraum der USA ohne die Ozon-Umwandler nicht gestattet sei.

Die Konverter würden laut Cockpit-Sprecher Jörg Handwerg offenbar nicht eingebaut, weil sie gesetzlich nicht vorgeschrieben seien. Er warf den Fluggesellschaften in der "Welt am Sonntag"  vor, Geld sparen zu wollen: "Trotz der Bekenntnisse, alles für die Sicherheit und Gesundheit der Passagiere und Besatzungen zu tun: Wenn es dann ans Zahlen geht, dann entscheidet man doch wieder anders." Dabei handele es sich bei der Vermeidung von Ozon an Bord "nicht um verhandelbare Nice-to-have Forderungen", sondern um "gesetzliche Anforderungen aus dem Arbeits- und Gesundheitsschutz". Flugzeuge ohne Ozonkonverter würden "außerhalb der Zertifizierungen" betrieben, heißt es in dem VC-Schreiben.

Eine Lufthansa-Sprecherin sagte am Sonntag, alle neuen Airbus-Maschinen der Lufthansa vom Typ A320 seien ab Werk mit Ozonfiltern ausgestattet, die bereits eingesetzten würden nachgerüstet. Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft teilte mit, Ozon trete in höherer Konzentration vor allem in größerer Höhe auf. Deshalb seien die auf Langstrecken eingesetzten Maschinen aller deutschen Fluggesellschaften mit Ozonkonvertern ausgestattet. "Die deutschen Fluggesellschaften halten sich grundsätzlich an alle Betriebsvorschriften", betonte der Verband in einer Mitteilung.

SPD-Politikerin Brigitte Zypries forderte Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) zum Handeln auf. "Es darf nicht sein, dass Passagiere und Besatzungen in deutschen Flugzeugen mit potentiell krebserregendem Ozon belastet werden, nur weil die Airlines Geld sparen wollen. Die Bundesregierung muss endlich aktiv werden und eine gesetzliche Regelung auf den Weg bringen."

Probleme mit der Kabinenluft waren in der Vergangenheit immer wieder Thema, jedoch ging es dabei meist um in die Kabine gelangte Dämpfe von Öl oder Enteisungsmitteln.

dba/dpa/AFP
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