Quantenphysik Gestatten, mein Name ist Dropleton

Das Dropleton: Physiker schreiben dem Quasiteilchen eine Schalen-Struktur zu
Foto: Brad BaxleyKlein, instabil und doch kein Teilchen - mit ihrer Suche nach mysteriösen, teilchenartigen Strukturen stehen Physiker erst ganz am Anfang. Nun haben Physiker aus den USA und Deutschland ein neues Quasiteilchen aufgespürt. Sie tauften es: Quanten-Tröpfchen, Dropleton.
Die Forscher um Steven Cundiff von der University of Colorado und Mackillo Kira von der Philipps-Universität Marburg bestrahlten dafür einen Halbleiter mit Laserlicht. Zwar existierten die so erzeugten Strukturen nur etwa 25 Billionstel Sekunden, doch die Dropletons gelten als ein neuer stabiler Vertreter der Gruppe von Quasiteilchen, schreiben die Forscher im Fachmagazin "Nature" .
Physiker schreiben den Quasiteilchen Eigenschaften von Teilchen zu - wie beispielsweise von Elektronen. Sie besitzen eine Energie und sogar Masse, obwohl sie aus mehreren miteinander verbundenen kleineren Teilchen bestehen. Die Quasiteilchen können künstlich im Labor erzeugt werden.
Im Falle des Dropletons formen bis zu sieben normale Teilchen-Paare das Quasiteilchen. Die Paare wiederum bestehen aus einem Elektron und einem Loch im Halbleiter, an dem früher einmal ein Elektron saß. Erst zusammen bilden diese Pärchen das Dropleton. Innerhalb dieses Teilchen-Verbundes bauen sich Eigenschaften vergleichbar mit denen einer Flüssigkeit auf, schreiben die Forscher.
Quasiteilchen für neue Art von Periodensystem
"Die Elektronen-Loch-Paare sind nicht vollkommen zufällig arrangiert, wie beispielsweise Atome in einem Gas", erklärte Mackillo Kira, Quantenphysiker und Mitautor der Studie gegenüber SPIEGEL ONLINE. "Wie in einer Flüssigkeit stehen die Teilchen in einer Verbindung untereinander, interagieren in einer bestimmten Weise und haben eine Anordnung."
Die Physiker schreiben den Dropletons eine schalenartige Struktur zu und können damit ihre Energiezustände und den Aufbau beschreiben. Das merkwürdig anmutende Quasiteilchen ist aber nur ein Vertreter von vielen, für den nun ein Nachweis gelang, vermutet Kira. Einfache Elektronen-Loch-Paare sind Forschern schon seit Jahrzehnten aus Überlegungen bekannt. Doch mit verbesserten Instrumenten und immer feineren Messmethoden könnte die Welt der Quasiteilchen in den nächsten Jahrzehnten noch viel größer werden. "Unsere Forschung ist vergleichbar mit der früheren Entdeckung von Elementen des Periodensystems", sagt Kira. "Aber wir versuchen unsere Version mit Quasiteilchen zu füllen."
Ultrakurze Laserpulse erzeugen Quasiteilchen
Die Vorgänge, durch die die Quasiteilchen erzeugt werden, spielen sich bereits jetzt in unvorstellbar kurzen Zeiträumen ab. Einer der Laserpulse, mit dem die Wissenschaftler die Elektronen-Loch-Paare erzeugten, dauerte nur 100 Millionstel Sekunden. Vor allem mit technischen Hürden haben die Teilchen-Jäger daher zu kämpfen. "Prinzipiell sind die Kombinationsmöglichkeiten von normalen Teilchen zur Herstellung von Quasiteilchen grenzenlos", meint Physiker Kira. "Aber in der Realität sind Nachweisbarkeit und Lebenszeit der Quasiteilchen begrenzt."
In ferner Zukunft könnten Quasiteilchen beispielsweise in besonders schnellen und leistungsfähigen Quantencomputern eingesetzt werden. Denn ihre Eigenschaften sind für den Austausch, die Berechnung und Speicherung von Informationen mit Quanten womöglich hilfreich. Nun müssen die Vorteile und Eigenheiten der Dropletons in weiteren Experimenten besser verstanden werden.