Neuer Supercomputer in Betrieb Quantensprung in Jülich

Im nordrhein-westfälischen Jülich haben Forscher ein neues Quantencomputersystem in Betrieb genommen. Der sogenannte Quanten-Annealer ist Teil einer Infrastruktur für Quantencomputing, die Forschenden in Deutschland und Europa in der Cloud Zugriff auf verschiedene Quantensysteme ermöglicht, wie die Physikerin Astrid Lambrecht am Montag in Jülich sagte. Es sei das erste Modell seiner Art außerhalb Nordamerikas. Das im Innern der Maschine auf fast minus 273 Grad Celsius gekühlte System wurde von der kanadischen Firma D-Wave entwickelt.
Der Quanten-Annealer hat eine Rechenleistung von mehr als 5000 supraleitenden Quantenbits, kurz Qubits. 44 Expertinnen und Experten waren nach Angaben des Forschungszentrums Jülich am Bau des Modells beteiligt. Es sei das erste Quantencomputersystem, das für industrielle Anwendungen konzipiert wurde.
»Quantenphysik ist für viele schwer greifbar, jenseits der Intuition und doch zentral für unser Leben«, sagte Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP), die der Inbetriebnahme per Video zugeschaltet war. »Quantentechnologien können für einen großen Sprung nach vorn sorgen.« Als Anwendungsgebiete nannte sie Modellrechnungen für die Klimaforschung, abhörsichere Kommunikation, das Planen von Verkehrsflüssen in Echtzeit, die Entwicklung neuer medizinischer Wirkstoffe oder die Analyse komplexer Vorgänge an Finanzmärkten. Die Ministerin sagte auch, Deutschland und Europa müssten aufholen beim Quantencomputing.
»Mit dieser geballten Rechenpower beantworten wir die Fragen aus den Bereichen des Klimawandels, der künstlichen Intelligenz, der Medikamenten- und Impfstoffforschung«, sagte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). Die Technologie »stößt das Tor zu einer ganzen Welt neuer Anwendungen auf«.
Vibrationsfreies Gebäude
Da diese Computer einen vibrationsfreien Standort benötigen, entstand in Jülich extra ein neues Gebäude mit zwei Maschinenhallen. Die Hallen haben besondere Fundamente, die Erschütterungen abfedern. Die Prozessoren müssen außerdem extrem gekühlt werden. »JUNIQ« steht für Jülicher Nutzer-Infrastruktur für Quantencomputing. Das Forschungszentrum liegt westlich von Köln in der Nähe des Braunkohletagebaus Hambach.
Quantencomputer arbeiten anders und gelten als viel leistungsfähiger als herkömmliche Großrechner. Traditionelle Computer arbeiten mit Bits. Ein Bit kann nur zwei Zustände annehmen: Eins und Null beziehungsweise An und Aus. Quantencomputer arbeiten dagegen mit Qubits (»Quanten-Bits«). Ein Qubit kann nicht nur Eins und Null darstellen, sondern theoretisch unendlich viele Zustände dazwischen und das gleichzeitig.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Fassung stand, die Qubits seien superleitend. Richtig ist supraleitend, also Strom ohne Widerstand leitend. Wir haben den Fehler korrigiert.