Hier, aus dem Rhein, soll es kommen: Das Lithium für die Akkus tausender E-Autos. Genauer gesagt, aus den unterirdischen Quellen mit kochend heißem Wasser, Tausende von Metern unterhalb des Rheins.
Hier, in Bruchsal, wird seit einigen Jahren nach Erdwärme gebohrt, sogenannter Geothermie. Ein deutsch-australisches Start-up möchte aus genau diesem Wasser im großen Stil Lithium gewinnen.
Horst Kreuter, Geschäftsführer Vulcan Energy Resources:
»Wir befinden uns hier in Deutschland und in Europa in einem Transformationsprozess. Der Transformationsprozess weg von den Verbrenner-Autos hin zu den Elektromobilen. Dazu brauchen wir Batterien. Es ist also dringend notwendig, dass wir eine große Menge an Lithium produzieren können, um diesen Bedarf zu decken, und zwar aus Europa. Und hier kommen unsere Projekte im Oberrheingraben sehr gut ins Bild.«
Wirtschaft und Politik setzen auf die E-Mobilität als Beitrag zur Klimawende. Eines haben Elektroautos, E-Bikes und -Scooter gemeinsam: ihren Strom ziehen sie derzeit fast alle aus Lithium-Ionen-Akkus.
Für die Herstellung braucht die Industrie viele verschiedene Ausgangsstoffe, ein Schlüsselelement ist Lithiumkarbonat. Das Salz muss in einem aufwendigen Prozess zunächst chemisch hergestellt werden – aus dem Rohstoff Lithium.
Die Lithiumförderung wiederum ist extrem umweltschädlich. Das Metall wird etwa in Australien und China in Minen gewonnen. Oder in Verdunstungsbecken im sogenannten Lithiumdreieck in Südamerika – einer der ohnehin schon trockensten Gegenden der Welt.
Auf riesigen Flächen verdunsten dort für jede Tonne Lithium 170.000 Liter Grundwasser. Im neuen Verfahren mit Geothermie-Wasser sollen es nur 3000 Liter sein. Auch der Co2-Ausstoß soll sich deutlich verringern: Statt 5000 Kilogramm verursache die Gewinnung einer Tonne Lithium mit der neuartigen Methode gar kein Co2 mehr – sagen die Unternehmer.
Das Start-up versichert, es könne genug heißes Wasser an die Oberfläche gepumpt werden, um den Strom für die Lithiumgewinnung zu erzeugen. Es bliebe sogar noch Energie übrig, um sie ins lokale Stromnetz einzuspeisen.
Horst Kreuter, Vulcan Energy Resources:
»Die Methode, die wir zur Gewinnung von Lithium verwenden, heißt ›direkte Lithiumextraktion‹. Diese Methode wird in Südamerika bereits seit 20 Jahren angewendet. Unser Thermalwasser hier hat eine andere Zusammensetzung und wir müssen das Verfahren an unsere örtlichen Gegebenheiten anpassen. Im Oberrheintal sind die Bedingungen sogar besser, da wir deutlich weniger Stoffe im Thermalwasser haben als an anderen Orten.«
Der örtliche Energieversorger betreibt bereits geothermische Kraftwerke und erforscht gemeinsam mit dem Start-up, ob Lithium ein profitables Nebenprodukt sein kann.
Thomas Koelbel, Projektleiter EnBW:
»Im Moment ist es so, dass wir im Werk Bruchsal prüfen, ob das Ganze wirtschaftlich Sinn macht. Zusammen mit unseren Laborpartnern konnten wir zeigen, dass die Technik im Labor sehr gut funktioniert, ob das auch unter den härteren Bedingungen einer funktionierenden geothermischen Anlage so ist, muss sich noch zeigen. Der letzte Schritt ist dann, die endgültigen Kosten für ein Kilo Lithium zu ermitteln.«
Die Autoindustrie ist grundsätzlich am Lithium aus Deutschland interessiert, aber nicht darauf angewiesen. Sie wird, bis das vermeintlich »grüne Lithium« in großen Mengen verfügbar ist, den begehrten Rohstoff weiterhin aus anderen Erdteilen beziehen – günstig, aber klimaschädlich.
Skeptiker bezweifeln, dass das neue Verfahren wirtschaftlich sein kann. Und auch die Geothermie hat ihre Schattenseiten: Bei Bohrungen im Jahr 2007 quollen unterirdische Gipsschichten so stark auf, dass sich in einem malerischen Dorf im Schwarzwald, Häuser anhoben und beschädigt wurden.