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Smog in Peking: Filter gegen dicke Luft

Foto: Sino Green

Schlechte Luft in China Sieht aus wie eine Bushaltestelle, ist aber ein Smog-Reiniger

Jeden Tag sterben Tausende Menschen in China an Smog, so eine neue Studie. Besonders hoch ist die Feinstaubbelastung an Bushaltestellen. Jetzt wurde ein Luftfilter entwickelt, der im Verkehr kleine Frischluftinseln schaffen soll.

An verschmutzter Luft sterben in China täglich rund 4000 Menschen. Jeder sechste Todesfall in dem Land sei auf hohe Schadstoffe in der Luft zurückzuführen, berichten US-Forscher von Berkeley Earth in einer am Freitag veröffentlichten Untersuchung .

Mehr als jeder dritte Chinese atmet demnach ungesunde Luft. Der gefährlichste Schadstoff sei Feinstaub mit einem Durchmesser von weniger als 2,5 Mikrometer, der tief in die Lunge eindringen und Herzinfarkte, Schlaganfälle, Lungenkrebs und Asthma auslösen kann.

Trotz aller Ankündigungen von Politikern, das Problem anzugehen, ist kaum etwas geschehen im Kampf gegen den Smog. Und wo die Politik versagt, werden nun Bürger kreativ. Geräte zur Filterung der Luft verbreiten sich in chinesischen Wohnungen.

Aus Sorge um die Gesundheit von Kindern hatten sich drei Väter im vergangenen Jahr entschlossen, günstige Filtergeräte zu entwickeln. In kurzer Zeit erhielten sie über Crowdfunding mehr als 1,5 Millionen Euro. Nun ist ihr System auf dem Markt.

Luft aus dem Dach

Inzwischen existieren auch Prototypen von Geräten, die die Luft im Freien reinigen sollen. So hat der Immobilienkonzern Sino Group aus Hongkong zusammen mit einem Ingenieurbüro einen Outdoor Air Purifier entwickelt, also einen Luftreiniger. Aus der Ferne betrachtet sieht das Gerät aus wie eine schicke Bushaltestelle.

Doch während man unter dem Unterstand steht, weht dem Wartenden eine frische Brise entgegen: Luft wird von unten angesogen, in einem Feinstaubfilter gereinigt und über das Dach nach unten gepustet - Frischluftinseln entstehen. Bisher leiden Fußgänger und Buspassagiere besonders unter der Luftverschmutzung.

"In den Hochhausschluchten der Großstädte ist die verschmutzte Luft sozusagen in der Falle", sagt der Arup-Ingenieur Jimmy Tong. Denn die Gebäude verhindern, dass Wind die Abgase verteilt.

Zwar müsse das Problem eigentlich durch bessere Gesetze und Emissionsregelungen an der Wurzel behoben werden, sagt Tong. "Wir haben der Regierung vertraut, dass sie hier durchgreift. Weil wir aber keine ausreichenden Anstrengungen sahen, wollten wir dieses dringende Problem schneller angehen."

Nachdem die besondere Bushaltestelle mehrere Wochen in Hongkong getestet wurde, ist Tong zufrieden: Die gereinigte Luft enthalte zwischen 30 und 70 Prozent weniger Schmutzpartikel. Aktuell ist der Prototyp an der Pekinger Tsinghua-Universität aufgestellt und soll dort noch weiter verbessert werden.

Das Energiedilemma

Doch es gibt ein wesentiches Dilemma, muss Tong einräumen: Bisher produziert das Gerät mehr Schadstoffe, als es reinigen kann. Denn die Anlage verbraucht aktuell 500 Watt Strom, der in China hauptsächlich durch Kohlekraft erzeugt wird. Die Verschmutzung, die am Unterstand gereinigt wird, verlagert sich also lediglich zum Kraftwerk.

Ziel sei es, den Stromverbrauch stark zu reduzieren und erneuerbare Energien zu nutzen - auch direkt am Gerät. Aber in Häuserschluchten wird voraussichtlich wenig Sonnenenergie und Windkraft zur Verfügung stehen.

Der niederländische Künstler und Erfinder Daan Roosegaarde hat sich vorgenommen, ganze Parks mit sauberer Luft zu versorgen. In einem sieben Meter hohen Turm soll Feinstaub elektrisch aufgeladen und aus dem Verkehr gezogen werden.

"Damit will ich zeigen, wie die Stadt auch aussehen, sich anfühlen und riechen könnte", sagt Roosegaarde. Im September soll der Turm in einem Park in Rotterdam aufgebaut werden und später nach China umziehen. Für Unterstützer des Projekts  hat sich sein Team etwas Besonderes einfallen lassen: Schmutzpartikel, die durch den Turm beseitigt wurden, werden zu kleinen schwarzen Würfeln gepresst und zu Schmuck verarbeitet.

Zum Autor

Hinnerk Feldwisch-Drentrup widmet sich als freier Wissenschaftsjournalist gerne medizinischen Themen - und dem Biotop der Lebenswissenschaften.

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