Sonnenenergie Solarzellen arbeiten effizienter als Pflanzen

Solarzellen (in Brandenburg): Effizienter als Pflanzen
Foto: dapdBei Vorträgen zeigt Robert Blankenship ein Bild, das links ein Kornfeld und rechts eine Solarzelle zeigt. Dann fragt er das Publikum, was effizienter ist. Immer tippt die Mehrheit auf die Pflanzen - und liegt falsch. Sogar in Expertenkreisen hat sich noch nicht ganz herumgesprochen, dass moderne Solarzellen die Energie der Sonne effizienter umwandeln können. Das liegt auch daran, dass ein genauer Vergleich schwierig ist - zu verschieden sind die Systeme.
Jetzt haben Wissenschaftler um Blankenship, der an der Washington University in St. Louis arbeitet, im Fachblatt "Science" eine Analyse veröffentlicht, die auf einem neuen rechnerischen Ansatz basiert. Das Ergebnis: Solarzellen sind bis zu zehnmal effizienter als Pflanzen. Die Forscher erklären sich das mit biochemischen und evolutionsbiologischen Prinzipien - und liefern sogar Ansätze für eine Verbesserung der Photosynthese.
Die Studie ist das Resultat einer eigens zu dem Thema organisierten Konferenz mit Teilnehmern mehrerer Fachrichtungen. Gleich am Anfang bemerkten die anwesenden Biologen, Chemiker und Ingenieure, dass sie zwar von ihren Fachbereichen eine Menge wussten, aber in verschiedenen Sprachen redeten, sagt Blankenship.
Ein weiteres Problem: Während Solarzellen elektrischen Strom erzeugen, speichern Pflanzen die Sonnenenergie in chemischer Form. Ein Effizienzvergleich ist deshalb äußerst knifflig. Die Forscher um Blankenship wählten einen neuen Ansatz: Sie rechneten aus, wie viel Wasserstoff mit dem aus Solarzellen gewonnen Strom hergestellt werden kann - denn das ist auch eine Form von chemischer Energie.
Solarzellen viel effizienter als Pflanzen
Der anschließende Vergleich zwischen Pflanze und Solarzelle ergab, dass das Gewächs selbst unter optimalen Wachstumsbedingungen nur halb so effizient arbeitet wie moderne Solarzellen. Übers Jahr gerechnet liegt der Wert sogar bei etwa einem Zehntel. Ein Grund: Die Photosynthese entstand zu Zeiten, als in der Atmosphäre gänzlich andere Bedingungen herrschten als heute. Sauerstoff zum Beispiel, eine Art Sand im Getriebe der Photosynthese, ist in der Luft von heute viel höher konzentriert als vor vielen Jahrmillionen.
Zudem gab es in der Evolution kaum Anreize, die Effizienz der Energieumwandlung zu steigern - denn sie ist nicht das Wichtigste im Leben einer Pflanze. Bedeutender ist die Fähigkeit, sich einer ständig ändernden Umwelt anzupassen und sich gegen Fressfeinde und Konkurrenten durchzusetzen.
Blankenship vergleicht das mit den Gräsern, aus denen das heutige Getreide hervorging: Auch sie waren von Natur aus nicht darauf zugeschnitten, besonders nahrhaft zu sein. Erst durch Jahrtausende der Zucht wurden sie vom Menschen dazu gemacht. Eine ähnliche Entwicklung sagen die Forscher nun anderen Pflanzen voraus - denn deren künftige Aufgabe könnte sein, bei der Energiegewinnung zu helfen oder als Rohstoff für die chemische Industrie zu dienen.
Der Unterschied zur Jahrtausende währenden Entwicklung des modernen Getreides ist, dass Forscher neben der herkömmlichen Zucht auch biotechnologische Methoden einsetzen können. Solarzellen könnten dabei als Vorbild dienen.
So können Solarzellen auch bei starkem Sonnenschein effizient arbeiten und einen Großteil der verschiedenen Wellenlängen der Strahlung nutzen. Pflanzen dagegen können nur eine niedrige Sonnenstrahlung gut verwerten - und vom gesamten Lichtspektrum nur einen Teil verarbeiten. Den Rest reflektieren sie, was ihnen auch ihre grüne Farbe gibt.
Dario Leister, Professor an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität, findet die Studie überzeugend und hält es für realistisch, die Photosynthese in Zukunft zu verbessern. Leister, der an Blankenships Arbeit nicht beteiligt war, hat das im vergangenen Jahr in einer Studie eindrucksvoll belegt: Sein Team hat nur ein Photosynthese-Gen in der Ackerschmalwand ausgeschaltet - danach ist das Kraut im Gewächshaus schneller in die Höhe geschossen.