Ökobilanz Streamen doch nicht so klimaschädlich wie angenommen

Seit Jahren kursieren Horrorzahlen über den Energieverbrauch von Streamingdiensten. Doch es besteht gar kein Grund für Netflix-Scham, sagen Forscher.
Streamingnutzer können aufatmen: Die Klimabilanz der weltweiten Servernetzwerke ist gar nicht so schlimm wie angenommen.

Streamingnutzer können aufatmen: Die Klimabilanz der weltweiten Servernetzwerke ist gar nicht so schlimm wie angenommen.

Foto: Thomas Trutschel/ Getty Images

Nach der #Flugscham macht auch die #Netflixscham die Runde. Streaming von Videos sei klimaschädlich und würde Unmengen CO2 produzieren - Tendenz steigend. Einen Film bei Netflix gucken, entspreche angeblich einer Autofahrt von rund 25 Kilometern.

Die Zahlen kamen unter anderem vom französischen Öko-Thinktank "Shift Project" , laut dem Videostreaming eine echte CO2-Schleuder ist. Andere Horrorszenarien prophezeiten, dass das Internet und seine Server bis zum Jahr 2025 bis zu 20 Prozent der weltweiten Energieproduktion ausmachen könnten.

Doch das ist alles maßlos übertrieben. Das jedenfalls glauben die Forscher einer neuen Studie: Die bisherigen Zahlen seien allesamt aus veralteten Daten errechnet worden.

Das Ergebnis: Obwohl der weltweite Datenaustausch explodiert ist, verbrauchten die Rechenzentren in den vergangenen zehn Jahren nicht mehr Energie. Das habe man massiven Effizienzgewinnen zu verdanken, schreibt das Forscherteam der Northwestern University, des Lawrence Berkeley National Laboratory und von Koomey Analytics in einem heute veröffentlichten Beitrag der Zeitschrift Science .

"Weniger detaillierte Analysen haben ein schnelles Wachstum des Energieverbrauchs in Rechenzentren vorhergesagt, ohne jedoch die historischen Effizienzfortschritte der Branche vollständig zu berücksichtigen", erklärte Studienautor Arman Shehabi. "Wenn wir das mit einbeziehen, ergibt sich ein anderes Bild unseres digitalen Lebensstils." Netflix-Fans können also beruhigt weiterstreamen, wenn es nach den Forschern geht.

Zwischen 2010 und 2018 sei die Anzahl der Server weltweit um das 26-fache gestiegen, und auch der Datenverkehr hätte um das 6,5-fache zugenommen. Im gleichen Zeitraum stieg der Energieverbrauch jedoch kaum - insgesamt nur um etwa sechs Prozent. Das ergibt laut den Forschern einen Effizienzgewinn von etwa 20 Prozent pro Jahr und damit weitaus mehr als in anderen Branchen üblich.

Im Gegensatz zu den bisherigen Öko-Studien haben die Forscher in der Studie zahlreiche Daten eingespeist, darunter auch Informationen zu Datenspeichern, Serverräumen und Effizienztrends. Insgesamt macht der Energieverbrauch laut der Studie weiterhin stabil etwa ein Prozent des weltweiten Energieverbrauchs aus - und das werde auch erst einmal so bleiben.

sug
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