

Wie mörderisch der Druck der Tiefsee sein kann, das wussten die Betreiber der "Nereus" sehr wohl. Schließlich hatte der US-Forschungsroboter als erst drittes menschengemachtes Objekt die tiefste Stelle der Weltmeere erreicht. Am 31. Mai 2009 war das fast drei Tonnen schwere Forschungsgerät im Challengertief des Marianengrabens bis auf 10.902 Meter Tiefe hinabgesunken. Dort lastete weit mehr als eine Tonne auf jedem Quadratzentimeter der Keramikhülle des Tauchboots.
Nun sind die mörderischen Kräfte tief unten in den Ozeanen der erst 2008 gebauten "Nereus" offenbar zum Verhängnis geworden. Die Woods Hole Oceanographic Institution erklärte, der Tauchroboter, der seinen Namen einem griechischen Meeresgott verdankt, sei am Freitag im südwestlichen Pazifik bei einer Tauchfahrt zerstört worden. Das Ganze sei bei Forschungsarbeiten im Kermadecgraben vor Neuseeland passiert, in knapp zehn Kilometern Wassertiefe.
In dem Gebiet stoßen die Australische Platte und die Pazifikplatte zusammen. Die "Nereus" sollte das Areal kartieren. Der acht Millionen Dollar teure Tauchroboter konnte das bei Bedarf sogar vollautomatisch tun. Bis zu 20 Stunden lang konnte das vier Meter lange Gerät dank kräftiger Akkus an Bord selbstständig den Ozeanboden erkunden, immer entlang einer vorher festgelegten Route.
40 Kilometer langes Glasfaserkabel
Die "Nereus" konnte von Forschern aber auch an einem bis zu 40 Kilometer langen Glasfaserkabel ferngesteuert werden, unter anderem zum Sammeln von Gesteins- und Sedimentproben vom Meeresgrund. Auch Proben von Lebewesen konnten an die Oberfläche gebracht werden.
Die "Nereus" operierte auf ihrer letzten Fahrt von Bord des US-Forschungsschiffs "Thomas G. Thompson". Das Unglück ereignete sich am 30. von 40 Einsatztagen. Leiter der Expedition war der Biologe Timothy Shank, der das Tauchboot einst mitentwickelt hatte. "'Nereus' hat uns dabei geholfen, Plätze zu erkunden, die wir nie zuvor gesehen hatten und Fragen zu stellen, an die wir nie vorher gedacht hatten", sagte Shank nach dem Verlust des Roboters.
Das Problem war nach sieben Stunden eines insgesamt neunstündigen Einsatzes aufgetreten. Was genau passierte, wissen die Forscher noch nicht. Klar ist: Die Crew an Bord der "Thomas G. Thompson" verlor zunächst den Kontakt zum Tauchboot. Auch die schnell eingeleiteten Notfallprozeduren für ein kontrolliertes Auftauchen brachten nichts.
Später entdeckten die Wissenschaftler Trümmerteile an der Wasseroberfläche. Sie seien als Teile der "Nereus" identifiziert worden - und sollen nun geborgen werden. So soll auch der Grund der fatalen Implosion des Bootes ermittelt werden. Damit die "Nereus", oder was von ihr übrig blieb, der Wissenschaft einen letzten Dienst erweise kann.
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"Nereus" vor der Zerstörung: Nun sind die mörderischen Kräfte der Tiefsee dem erst 2008 gebauten Forschungsroboter offenbar zum Verhängnis geworden. Die Woods Hole Oceanographic Institution erklärte, das Gerät, das seinen Namen einem griechischen Meeresgott verdankt, sei im südwestlichen Pazifik bei einer Tauchfahrt zerstört worden.
Kermadecgraben vor Neuseeland (grafische Darstellung): In dem Gebiet stoßen die Australische Platte und die Pazifikplatte zusammen. Die "Nereus" sollte das Areal kartieren. Der acht Millionen Dollar teure Tauchroboter konnte das bei Bedarf sogar vollautomatisch tun.
"Nereus" nach einer früheren Tauchfahrt: Der Roboter konnte von Forschern auch an einem bis zu 40 Kilometer langen Glasfaserkabel ferngesteuert werden, unter anderem zum Sammeln von Gesteins- und Sedimentproben vom Meeresgrund. Auch Proben von Lebewesen konnten an die Oberfläche gebracht werden.
Nur ein Star des neuen Bildbands "Ozeane": Diese Aufnahme zeigt eine Leuchtgarnelenlarve aus der Gattung Sergestes. Dieses Tier hat fein verästelte Antennen, die das Schweben im Wasser ermöglicht. Ausgewachsene Sergestes-Krebse sind in der Lage, durch schwache Biolumineszenz (selbstproduziertes Licht) an der Körperunterseite einen Schattenwurf im Dämmerlicht zu verhindern und sich somit vor den unter ihnen lauernden Fressfeinden zu tarnen.
Viel los unter Wasser: ein Goldband-Süßlippenfisch an einem reich überwucherten und umschwärmten Riff im Pazifischen Ozean in Indonesien.
Wie im Science-Ficition-Film: Die Fangzähne des 30 Zentimter langen Vipernfisches sind so groß, dass er sein Maul nicht richtig schließen kann. Mit zwei verschiedenen Leuchtzellenvarianten lockt er seine Beute an und bleibt doch im Dämmerlicht des Ozeans getarnt.
Abgetaucht: Bis zu 3000 Meter tief tauchen Pottwale in die Meere hinab. Sie halten das aus, indem sie in Muskeln und Blut Sauerstoff zwischenlagern, ihre Lunge hingegen beim Abstieg weitgehend stilllegen.
Das rettende Wasser: Viele Schildkröten werden nach dem Schlüpfen auf ihrem Weg von der Brutstelle zum Meer von Jägern geschnappt. Über das Leben der jungen Schildkröten, die es bis ins Wasser schaffen, weiß man jedoch wenig. Ihre Spuren gehen verloren.
Never walk alone: Felsenpinguine auf den Falkland-Inseln laufen gemeinsam über den Sand hin zu ihrer Brutkolonie.
Schnellschwimmer: Mit bis zu 30 Stundenkilometern bewegt sich der Eselspinguin als schnellster Schwimmer unter den Pinguinen im Wasser fort. Als besonders effizient hat sich dabei das sogenannte Porpoising erwiesen, wobei der Pinguin sich regelmäßig aus dem Wasser herauskatapultiert, somit den hohen Wasserwiderstand eine Weile meidet, und mit geöffnetem Schnabel atmet.
Rosa Warzen und Kussmund: Die Zwergseepferdchen des Archipels Raja Ampat sind oft kleiner als ein menschlicher Daumennagel.
Manta-Platte gesucht: Auf der Jagd nach Wolken aus treibenden Kleinstlebewesen durchqueren indonesische Mantarochen die offene See: Mit ihren Kopfflossen lenken sie sich dabei Nahrung ins Maul und filtern sie durch Kiemenspalten.
Der Chef im Riff: Wie die Städte der Menschen sind auch Korallenriffe in Viertel und Nischen aufgeteilt. Riffbarsche im Pazifischen Ozean etwa legen ihre Eier immer an den Armen von Peitschengorgonien ab und verteidigen ihr Gebiet vehement gegen Feinde.
Der Bildband "Ozeane - Expedition in unerforschte Tiefen" zeigt Fotos des Meeresbiologen und Naturfotografen Solvin Zankl. Seine Fotoreportagen erscheinen im Magazin "Geo". Auf seinen Reisen hat er Schildkröten in der Karibik dokumentiert, ist auf einem Forschungsschiff in die Antarktis mitgefahren und war bei den Pinguinkolonien auf den Falkland-Inseln zu Gast.
Die Autoren: GEO-Redakteur Lars Abromeit (l.) und GEO-Fotograf Solvin Zankl (r.) beim Kaltwassertauchen im chilenischen Comau-Fjord.
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