Katastrophen-Reaktor Für neue Tschernobyl-Schutzhülle fehlt Geld

Ein Baustopp droht: Das havarierte Atomkraftwerk in Tschernobyl in der Ukraine braucht eine neue Schutzhülle. Doch angeblich fehlen 615 Millionen Euro.
Atomkraftwerk Tschernobyl (im April 2010): "Es wäre unverantwortlich, wenn der Bau abgebrochen werden müsste."

Atomkraftwerk Tschernobyl (im April 2010): "Es wäre unverantwortlich, wenn der Bau abgebrochen werden müsste."

Foto: DPA

Hamburg/Berlin - Ohne finanzielle Hilfe Deutschlands und der anderen G7-Staaten droht ein Baustopp bei der dringend benötigten neuen Schutzhülle für den zerstörten Atomreaktor in Tschernobyl. Es fehlten bis zu 615 Millionen Euro, berichtet die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf Regierungskreise.

1997 hatten die sieben führenden westlichen Industriestaaten (G7) den Aufbau eines Fonds vereinbart, um einen Sarkophag für den 1986 zerstörten Reaktorblock 4 zu finanzieren. Da der bisherige Betonschutz brüchig ist, wird zum dauerhaften Schutz vor hoch radioaktiver Strahlung eine riesige neue Stahlhülle gebaut, die etwa zur Hälfte fertig ist. Der Bau sollte bis 2015 abgeschlossen werden. Aber die zur Verfügung gestellten Mittel werden Ende 2014 aufgebraucht sein.

Da Deutschland derzeit die G7-Präsidentschaft innehat, kommt der Bundesregierung eine entscheidende Rolle zu. Die Umweltorganisation Greenpeace mahnte eine rasche Lösung an und bezeichnete es als "unverantwortlich", wenn der Bau abgebrochen werden müsste.

Stetes Misstrauen

Die über den havarierten Reaktor gespannte Schutzhülle soll 42.000 Quadratmeter groß werden. Für Mitte Oktober ist nun unter Federführung des Bundesumweltministeriums ein Treffen der G7-Gruppe für Nuklearsicherheit geplant, um zusätzliche Zusagen einzusammeln.

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sagte: "Die Fertigstellung der neuen Schutzhülle für den Sarkophag ist unabdingbar, um den havarierten Reaktor sicher zu umschließen und seinen Abbau zu ermöglichen." Zugleich sei dies die Voraussetzung, um die Region Tschernobyl in einen ökologisch sicheren Zustand zu bringen. Die Bundesregierung werde sich im Rahmen ihrer G7-Präsidentschaft dafür einsetzen, "dass die Finanzierungslücke für dieses Projekt von den Geberländern gemeinsam geschlossen wird".

Die Ukraine hatte 2011 bei einer internationalen Tschernobyl-Geberkonferenz Spendenzusagen von rund 670 Millionen Euro erhalten. Der Tschernobyl-Block vier war am 26. April 1986 explodiert. Die Detonation wirbelte radioaktive Teilchen in die Luft, die Strahlung war 400-mal stärker als beim US-Atombombenabwurf auf Hiroshima 1945. Mindestens 10.000 Menschen starben an den Folgen der Katastrophe. Von der Ukraine breitete sich die radioaktive Wolke über weite Teile Europas aus. Der letzte aktive Tschernobyl-Meiler war 2000 stillgelegt worden.

Die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl ist noch sehr präsent in Russland und der Ukraine - auch aufgrund der Lügen, die das Volk damals zu hören bekam. Bis heute misstrauen die Menschen in Russland ihrer Führung, wenn es um die Bewältigung von Krisensituationen geht.

boj/dpa
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