Umstrittener Fachmann Umweltministerin Hendricks entlässt Chef-Atomaufseher

Der oberste deutsche Atomaufseher muss seinen Posten räumen. Die neue Umweltministerin Barbara Hendricks hat Gerald Hennenhöfer entlassen. Der 66-Jährige galt als kenntnisreicher Fachmann, doch bei Atomkraftgegnern war er umstritten.
Gerald Hennenhöfer: Oberster Atomaufseher muss gehen

Gerald Hennenhöfer: Oberster Atomaufseher muss gehen

Foto: Holger Hollemann/ picture alliance / dpa

Berlin - Eine ungewöhnliche Karriere zwischen Verwaltung und Industrie hat ihr vorläufiges Ende gefunden: Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hat am Donnerstag den für die deutsche Atomsicherheit zuständigen Abteilungsleiter Gerald Hennenhöfer entlassen. Die Ministerin habe den 66-Jährigen abberufen, teilte eine Sprecherin mit.

Als Leiter der Abteilung für Reaktorsicherheit war Hennenhöfer seit 2009 der oberste Atomaufseher. Der damalige Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) hatte ihn berufen - eine umstrittene Entscheidung, da Hennenhöfer zu jener Zeit auch für die Atomindustrie tätig war. Für ihn musste der eher atomkritische Wolfgang Renneberg seinen Stuhl räumen: Er wurde in den einstweiligen Ruhestand versetzt.

Aber auch Hennenhöfer war zu diesem Zeitpunkt bereits einmal Atomaufseher gewesen. Der als Fachmann anerkannte, aber bei SPD, Linken, Grünen und Atomgegnern stets umstrittene Jurist hatte das Amt bereits unter Umweltministerin Angela Merkel (CDU) von 1994 bis 1998 inne. Dann hatte ihn Grünen-Umweltminister Jürgen Trittin geschasst.

Nachfolge noch nicht entschieden

Anschließend wechselte Hennenhöfer die Seiten und handelte für die Energiewirtschaft (Viag/E.on) den rot-grünen Atomausstieg mit aus. Als Jurist beriet er zeitweilig das Helmholtz-Zentrum München, das lange Zeit das Versuchsendlager Asse II betrieben hatte. Nach seiner Rückkehr ins Ministerium war er dann an der schwarz-gelben Atomkraftwerk-Laufzeitverlängerung beteiligt. 2011 musste er nach dem Fukushima-Unfall die Rücknahme und Stilllegung von acht AKW auf den Weg bringen.

Ob das juristisch wasserdicht gelungen ist oder ob milliardenschwerer Schadensersatz an E.on, RWE und Vattenfall gezahlt werden muss, entscheidet das Verfassungsgericht. Im Fall des schwedischen Vattenfall-Konzerns ist ein US-Schiedsgericht zuständig. Im Frühjahr war Hennenhöfer noch Vorsitzender der European Nuclear Safety Regulators Group. In ihr kommen die Leiter der europäischen Atomaufsichtsbehörden zusammen.

Die atompolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Sylvia Kotting-Uhl, erklärte zu Hennenhöfers Abberufung: "Auch für den Neustart in der Endlagersuche ist das eine richtige Entscheidung." Gegner eines möglichen Endlagers in Gorleben hatten ihm stets vorgeworfen, sich bereits auf den niedersächsischen Salzstock festgelegt zu haben. Wer Hennenhöfer im Ministerium nachfolge, werde zu gegebener Zeit entschieden, sagte die Sprecherin.

chs/dpa
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