Defektgefahr
US-Flugaufsicht ordnet Inspektionen von Boeing 787 »Dreamliner« an
Erneut schlechte Nachrichten für den Flugzeugbauer Boeing: Die US-Luftfahrtaufsicht will sich 222 Maschinen genauer ansehen. Wieder gibt es Hinweise auf einen potenziell gefährlichen Mangel.
Die erste Boeing 787-10 »Dreamliner« nach ihrem Jungfernflug auf dem Charleston International Airport (Archivbild)
Foto: Mic Smith / dpa
Der US-Flugzeugriese Boeing gerät erneut wegen möglicher Produktionsmängel beim Langstreckenjet 787 »Dreamliner« unter Druck. Die US-Luftfahrtaufsicht FAA ordnete am Mittwoch Inspektionen von rund 222 Maschinen an, weil die Gefahr von Schäden an sogenannten Dekompressionspaneelen zur Abtrennung des Passagierbereiches bestehe. Der Defekt könnte der Behörde zufolge fatale Folgen haben, etwa wenn Luftfracht Feuer fängt.
Eine Stellungnahme von Boeing lag zunächst nicht vor. Der Airbus-Rivale hat schon länger mit Problemen beim »Dreamliner« zu kämpfen, die die Auslieferungen des wichtigen Modells ausbremsen. Bereits im September vergangenen Jahres hatte es Berichte über Mängel gegeben, wegen akuter Sicherheitsbedenken mussten sogar Maschinen stillgelegt werden:
Die Maschinen wiesen in der hinteren Rumpfsektion mehrere Produktionsfehler gleichzeitig auf. Im schlimmsten Fall drohten offenbar in der Luft Schäden – bei den strukturellen Belastungen eines normalen Flugs.
Wenig später räumte Boeing einen weiteren gravierenden Fehler ein, von dem die Firma sogar schon seit Februar wusste. Bei 893 Exemplaren der 787 kommt es im Bereich der Höhenflosse zu einer vorzeitigen Materialermüdung. Alle betroffenen Maschinen sind offenbar noch jung genug, sodass der Materialfehler zunächst keine sicherheitsrelevanten Auswirkungen haben sollte.
Auch im Jahr zuvor hatte es bereits Schlagzeilen über mögliche Sicherheitsmängel gegeben. Damals hatte ein Mitarbeiter vor womöglich fehlerhaften Bauteilen in Boeing-Maschinen gewarnt. Offenbar wurden von Zulieferern Flugzeugteile wie Mittelrumpf oder Tragflächen geliefert, bei denen gar nicht kontrolliert worden war, ob sie den ursprünglich vereinbarten Qualitätsmaßstäben und Eigenschaften entsprachen.
Der Konzern ist ohnehin schon stark angeschlagen von den Folgen der Coronakrise und des Debakels um seine bestverkaufte Baureihe 737 Max, die nach zwei Abstürzen mit insgesamt 346 Toten mehr als anderthalb Jahre lang weltweit mit Flugverboten belegt war. Wie der Konzern Ende Januar bekannt gab, stand beim Jahresabschluss 2020 unter dem Strich ein Minus von mehr als 11,9 Milliarden US-Dollar (9,8 Milliarden Euro) – ein Rekordverlust.
Immerhin durfte nun erstmals wieder eine Boeing 737 Max zu einem kommerziellen Flug in Europa starten. Eine Maschine dieser Bauart der belgischen Tui Fly hob am Mittwochmorgen von Brüssel ins spanische Alicante sowie weiter nach Málaga ab, wie auf der Website Flightradar24 zu verfolgen war. Die europäische Flugsicherheitsbehörde Easa hatte Ende Januar die Rückkehr des Maschinentyps in den Flugbetrieb genehmigt.
Maschine vom Typ Boeing 737 Max nach dem Start in Brüssel: erster kommerzieller Flug in Europa nach dem Startverbot
Foto: Laurie Dieffembacq / dpa
Bereits im November hatte die US-Luftfahrtaufsicht FAA grünes Licht für die 737 Max gegeben. Das weltweite Flugverbot galt nach zwei Abstürzen mit mehreren Hundert Toten seit März 2019.
Um grünes Licht für eine Wiederaufnahme des Flugverkehrs zu bekommen, hatte Boeing eine Reihe technischer Veränderungen vorgenommen. Unter anderem wurde die Software des Stabilisierungssystems überarbeitet. Außerdem musste jede Fluggesellschaft ihr Trainingsprogramm für Piloten der 737 Max überarbeiten. Bis zum Flugverbot war die 737 Max der Verkaufsschlager von Boeing.