Alkoholdämpfe aus Jack-Daniel’s-Brennerei Whiskey-Pilz verkrustet Bäume, Häuser und Straßenschilder

Bei der Lagerung von Whiskey verdunstet Alkohol. Im Umkreis einer Brennerei im US-Bundesstaat Tennessee nähren die Dämpfe ein tückisches Pilzgeflecht. Anwohner sind erbost – und ziehen vor Gericht.
Whiskey-Pilz auf einem Straßenschild in der Nähe von Bourbon-Lagerhäusern in Lawrenceburg im US-Bundesstaat Kentucky im August 2022

Whiskey-Pilz auf einem Straßenschild in der Nähe von Bourbon-Lagerhäusern in Lawrenceburg im US-Bundesstaat Kentucky im August 2022

Foto: Ryan C. Hermens / ZUMA Wire / IMAGO

Das schwarze Zeug findet sich in Lincoln County fast überall: auf Bäumen, auf Häusern, auf Autos, Straßenschildern, Vogelfutterhäuschen und Terrassenmöbeln. Ein Pilz breitet sich unkontrolliert aus, genährt durch Alkoholdämpfe, die aus verkohlten Eichenfässern mit alterndem Jack Daniel’s Whiskey aufsteigen.

Nebenan, in Moore County, betreibt die Whiskeymarke Jack Daniel’s seit 2018 eine Brennerei mit sechs Lagerhäusern, sogenannten Barrelhouses, für die Reifung von Whiskey.

Lincoln County ist kein Einzelfall: Der »Whiskey-Pilz« nährt sich aus Ethanol und gedeiht seit Jahrhunderten in der Nähe von Destillerien und Bäckereien. Anwohner, die in der Nähe von Bourbon-Brennereien in Kentucky, kanadischen Whiskeyherstellern und karibischen Rumproduzenten leben, berichten über den Pilz. Schon in den 1870er-Jahren machte ein Apotheker auf schwarzen, rußähnlichen Bewuchs an Gebäuden in der französischen Stadt Cognac aufmerksam. 1881 wurde der Pilz als Baudoinia compniacensis klassifiziert.

Der »Engelsanteil« des Whiskeys

In Fasshäusern wie den Anlagen von Jack Daniel’s können Zehntausende von Fässern reifenden Whiskeys gelagert werden. Ein Teil des Alkohols verdunstet durch die Poren der Holzfässer in die Luft – Whiskeyhersteller nennen dies den »Engelsanteil« des Produkts.

In Lincoln County wird das Thema für Anwohner nun noch aktueller, da Jack Daniel’s ein weiteres Barrelhouse baut und eines plant. Außerdem hat das Unternehmen die Umwidmung eines angrenzenden Grundstücks beantragt, dort könnten weitere sechs Lagerhäuser gebaut werden. Nach Angaben der »New York Times«  sprach Firmensprecherin Donna Willis von jährlich einer Million Dollar, die der Bezirk durch die 14 Lagerhäuser an Grundsteuereinnahmen einstreichen würde.

Doch die Anwohner sind wütend. Sie fordern, dass das Unternehmen und der Bezirk für die Schäden und sinkenden Immobilienwerte aufkommen und beweisen, dass die mit Ethanol angereicherte Luft sicher zum Atmen ist. Ein Ehepaar, das ein Landhaus für Hochzeiten und andere Feiern vermietet, klagt über schwarze Pilzkruste auf Dächern und Wänden, auf Metalltoren und den Zweigen der Magnolienbäume. Alle drei Monate würden sie ihr Grundstück mit einem Hochdruckreiniger mit Bleichmittel und Wasser reinigen, aber der Pilz kehre immer wieder zurück. »Dieser Pilz ist jetzt auf Steroiden«, sagte die Landhausbesitzerin gegenüber der »New York Times«. Jack Daniel’s müsse zumindest Luftfilter in die 250 Meter entfernten Lagerhäuser einbauen.

Gegenüber dem US-Medium »Insider Inc« erklärte ein Sprecher  von Jack Daniel’s, dass das Unternehmen sich nicht zu laufenden Rechtsstreitigkeiten äußern könne. Aber Jack Daniel’s halte »alle lokalen, staatlichen und bundesstaatlichen Vorschriften in Bezug auf die Planung, den Bau und die Genehmigung unserer Barrelhouses« ein. Man sei »bestrebt, die Umwelt sowie die Sicherheit und Gesundheit unserer Mitarbeiter und Nachbarn zu schützen«.

Zudem hätten Studien gezeigt, dass der Pilz für die menschliche Gesundheit nicht gefährlich sei und keine Schäden verursache, heißt es von Jack Daniel’s. Und der Pilz lasse sich leicht beseitigen, indem man ihn abwasche.

mgo
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