Pandemie im Tierreich Vogelgrippe dezimiert Bestände von Weihnachtsgänsen

Gänse in Osnabrück (Symbolbild): Die Preise für die Tiere steigen
Foto: Countrypixel / IMAGOAn den Festtagen im Dezember wird so mancher auf die traditionelle Weihnachtsgans verzichten müssen, fürchten Geflügelzüchter. Der Grund: die Vogelgrippe.
»Noch nie war die Gans so sehr in Gefahr wie jetzt«, sagte Lorenz Eskildsen, Vorsitzender des Bundesverbandes Bäuerlicher Gänsehaltung. In den vergangenen Monaten hätten Kolleginnen und Kollegen in Deutschland, Polen und Ungarn wegen der Vogelgrippe erhebliche Teile ihrer Bestände verloren. Dadurch sei nicht nur die Gänsekeule auf dem Teller der Deutschen, sondern auch die Existenz vieler Betriebe in Gefahr.
Etwa 80 Prozent der Gänse kommen Eskildsen zufolge jedes Jahr als Importware aus Polen und Ungarn nach Deutschland. Die übrigen 20 Prozent der Tiere wüchsen in Deutschland auf und würden dort geschlachtet. Vom polnischen Hauptveterinäramt hieß es dazu, bislang sei die Vogelgrippe in diesem Jahr in zwei Gänsezuchtbetrieben erfasst worden. Dies werde voraussichtlich ohne Auswirkungen auf den Markt bleiben. Allerdings beginne die Schlachtsaison erst in drei Wochen. In Großbritannien wurde wegen der Vogelgrippe bereits vor einer drohenden Knappheit von Truthähnen in der Weihnachtszeit gewarnt.
Echte Pandemie bei Wildvögeln
Europa erlebt der EU-Gesundheitsbehörde ECDC zufolge die schwerste jemals erfasste Vogelgrippe-Epidemie. Auch die geografische Ausdehnung sei einmalig und erstrecke sich von Spitzbergen bis Portugal sowie bis in die Ukraine, hatte die Behörde Anfang des Monats mitgeteilt.
Seien die Ausbrüche in früheren Jahren bedingt durch den Vogelzug vor allem saisonal gewesen, träten sie jetzt ganzjährig auf, hatte Timm Harder, der Leiter des Nationalen Referenzlabors für Aviäre Influenza am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), kürzlich gesagt. Zudem sei auch ganz Nordamerika betroffen. Man könne von einer echten Pandemie bei Wildvögeln sprechen. Allein für die Nordsee ist demnach davon auszugehen, dass in diesem Jahr Zehntausende Vögel dem Virus zum Opfer fielen.
Das wirkt sich auch auf die Preise aus. Während Käufer im vergangenen Jahr bei einer im Ausland aufgezogenen und geschlachteten Gans für ein Kilogramm etwa 4,50 Euro zahlten, müssten sie in diesem Jahr doppelt so viel zahlen, sagte Eskildsen. Bei einer deutschen Gans sei der Preissprung kleiner: »Letztes Jahr waren es 15,95 Euro pro Kilo, in diesem Jahr sind es drei Euro mehr.«
Auch Pinguine betroffen
In Südafrika sind dieses Jahr auch Dutzende der stark gefährdeten Brillenpinguine an der Vogelgrippe gestorben. 28 Tiere einer Kolonie am Boulders Beach nahe Kapstadt seien seit Mitte August »gestorben oder steckten sich an und mussten deshalb eingeschläfert werden«, erklärte der Tierarzt David Roberts von der Südafrikanischen Stiftung für den Erhalt von Küstenvögeln (SANCCOB) Anfang Oktober.
Die Kolonie am Boulders Beach in Simon's Town ist ein wichtiger Brutplatz der Brillenpinguine und Heimat von rund 3000 dieser Vögel. Brillenpinguine kommen ausschließlich in den Gewässern des südlichen Afrika vor und werden von der Weltnaturschutzunion (IUCN) auf der Roten Liste als stark gefährdet eingestuft. Das Vogelgrippevirus, das normalerweise über den Kot von Vögeln übertragen wird, war im Mai vergangenen Jahres in Südafrika entdeckt worden und hat dort nach Behördenangaben bereits mehrere Arten von Seevögeln befallen.
Für Menschen ist das derzeitig kursierende Vogelgrippevirus eher ungefährlich. Weltweit hat es laut ECDC trotz der starken Ausbreitung nur eine kleine Anzahl Übertragungen auf den Menschen ohne Symptome oder mit milden Verläufen gegeben. Deshalb befinde sich das Risiko für die Bevölkerung auf niedrigem Niveau, wenn auch etwas höher für Menschen, die berufsbedingt infizierten Vögeln ausgesetzt seien.