Astronomische Ausblicke Der Kamikaze-Komet
Kometen bleiben normalerweise auf Sicherheitsabstand zur Sonne: Sie bewegen sich in abgelegenen Regionen wie dem Kuipergürtel oder der Oortschen Wolke weit außerhalb der inneren Planetenbahnen. Von Zeit zu Zeit werden einzelne der eisigen Brocken durch Gravitationswirkungen aus diesen Gebieten herausgeschleudert und auf stark elliptische Bahnen in Richtung Sonne befördert. Für manche der Kometen hat das Rendezvous mit dem Zentralgestirn fatale Folgen, wie eine Aufnahme des Weltraumteleskops "Soho" dokumentiert.
Das Foto:
Auf das Foto der Sonnenumgebung montiert sind zwei Ultraviolettaufnahmen des Kometen, die "Soho" im Abstand von etwa einer Stunde aufnahm. Der weiße Ring auf dem Blendkreis, der das Teleskop vor dem direkten Sonnenlicht abschirmt, deutet die Größe und Position der Sonne an. Auf der ersten Aufnahme ist der Himmelskörper noch etwa 2,7 Millionen Kilometer von der Sonnenoberfläche entfernt und zieht einen 500.000 Kilometer langen Schweif aus Staub und Wasserdampf hinter sich her. Durch die Hitze zerfallen die Wassermoleküle, der Wasserstoff wiederum reagiert mit dem Plasma der Sonnenkorona und setzt so ultraviolette Strahlung frei.
Auf der zweiten Aufnahme ist der Komet auf etwa 1,6 Millionen Kilometer an die heiße Oberfläche herangerauscht. Wenig später verschwindet er im Gasmantel der Sonne. Aus den Daten, die zwischen seiner Entdeckung am 6. Februar und dem Sturz in die Sonne am darauf folgenden Tag gesammelt wurden, konnten die Astronomen die Bahn des Kometen berechnen. Zudem taufte man den Abgestürzten - sozusagen posthum - auf den offiziellen Namen C/2001 C2.
Der Hintergrund:
C/2001 C2 gehörte - wie viele der von "Soho" entdeckten Himmelskörper - zu einer Gruppe von Schweifsternen, die vermutlich Überreste eines vor langer Zeit zerborstenen großen Kometen sind und die Sonne auf gefährlich engen Bahnen umkreisen. Während schwergewichtige Verwandte wie der Halleysche Komet einen Kerndurchmesser von mehreren Kilometern haben, war C/2001 C2 mit einem nur etwa 10 bis 20 Meter großen Kern ein absolutes Fliegengewicht. Zudem schmolz der vereiste Himmelskörper während seiner Annäherung an die Sonne förmlich dahin: Er verlor in der Sekunde etwa 100 Kilogramm Wasserdampf, vermutet John Raymond vom Smithsonian Astrophysical Observatority in Cambridge, Massachusetts.
Die Kamera:
Die "Soho"-Sonde der Nasa und der Esa ist mit zwölf verschiedenen Instrumenten ausgerüstet, mit denen die Aktivität der Sonne laufend aufgezeichnet wird. Für die Entdeckung und Beobachtung des Kometen waren die Koronografen LASCO und UVCS maßgeblich. Während LASCO Bilder der Sonnenkorona im Bereich des sichtbaren Lichtes liefert, macht UVCS Aufnahmen im ultravioletten Bereich. Die neuesten Fotos der Teleskope veröffentlichen Nasa und Esa auf der Soho-Website, so dass sie Astronomen auf der ganzen Welt zugänglich sind. Anhand dieser Bilder entdeckten Kometenjäger aus Deutschland und China auch den Kometen C/2001 C2.
Martin Paetsch