Astronomische Ausblicke Pizza unter Hochspannung
Reichlich verloren wirkt das kleine runde Staubkorn vor der ausgedehnten Wüste im Hintergrund. Doch der dunkelbraune Kreis ist keine besonders markante Ausprägung in der gasförmigen Jupiter-Hülle: Das jetzt von der US-Weltraumbehörde Nasa präsentierte Foto zeigt vielmehr den Gasplaneten mitsamt seinem drittgrößten Mond Io.
Das Foto
Das neue Jahrtausend war gerade angebrochen, als die "Cassini"-Sonde der Nasa den Jupiter-Mond ins Visier nahm. Doch nicht nur ihn: Auf Grund der Konstellation der Himmelskörper war es unumgänglich, dass bei der Aufnahme auch Ios Beschützer, der riesige Gasplanet Jupiter, mit aufs Bild kam. Das Foto, am 1. Januar 2001 aufgenommen, macht auf eindrucksvolle Weise die Größenunterschiede deutlich, die rund 800 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt herrschen.
In einem Punkt ist das Bild allerdings trügerisch. Erweckt die "Cassini"-Aufnahme den Eindruck, Io schwebe nur knapp über der Oberfläche seines Planeten, liegen zwischen den beiden Himmelskörpern doch mehr als 350.000 Kilometer - rund zweieinhalb Jupiter-Durchmesser.
Der Hintergrund
Mit einem Äquatordurchmesser von rund 143.000 Kilometer stellt Jupiter alle anderen Planeten in unserem Sonnensystem in den Schatten. Saturn, der zweitgrößte Planet, bringt es auf 120.000 Kilometern, die Erde misst an ihrer dicksten Stelle gerade einmal 12.700 Kilometer - weniger als ein Zehntel der Jupiter-Ausmaße. Und obwohl der größte Planet des Sonnensystems hauptsächlich aus Gas besteht, bringt er noch immer Erstaunliches auf die Waage: Jupiter wiegt mehr als 300 Erdmassen.
Io dagegen hat deutliche Ähnlichkeiten mit den irdischen Verhältnissen, zumindest was seine Größe angeht. Während der Begleiter des Blauen Planeten einen Durchmesser von 3470 Kilometer aufweisen kann, ist Io mit 3630 Kilometern nur wenig größer. Auch die Massen unterscheiden sich kaum.
Doch anders als der Erdenmond weist die Oberfläche des Jupiter-Satelliten keine narbenförmigen Einschläge auf. Im Gegenteil: Io gilt als einer der vulkanisch aktivsten Himmelskörper im Sonnensystem; seine Oberfläche wird noch heute kontinuierlich umgeformt. Nasa-Astronomen sprechen denn auch, wenn sie Ios Oberfläche beschreiben sollen, von einer großen Pizza mit Käse und Tomaten.
Doch nicht nur die Oberflächenstruktur des Mondes ist bemerkenswert. Auf Grund der Gravitationskräfte, mit denen seine Brüder - die Jupiter-Monde Europa und Ganymed - an Io zerren, haben sich auf dem Satelliten regelrechte Gezeiten gebildet: Die Oberfläche hebt und senkt sich um bis zu 100 Meter.
Gleichzeitig fungiert Io auch als großer Generator. Wenn der Mond die Magnetfeldlinien Jupiters kreuzt, entwickeln sich Spannungen von bis zu 400.000 Volt. Strom mit einer Stärke von rund drei Millionen Ampere können fließen, die sich als heftige Gewitter in der oberen Atmosphäre des Gasplaneten bemerkbar machen.
Die Kamera
Eigentlich ist sie ja unterwegs zum Saturn, doch weil Jupiter gerade auf dem Weg lag, hat die Nasa-Sonde "Cassini" Ende vergangenen Jahres auch den größten Planeten unseres Sonnensystems ins Visier genommen. In rund zehn Millionen Kilometer Entfernung von Jupiter ist unter anderem das Bild von Io entstanden.
Mit einem Startgewicht von rund 5600 Kilogramm gehörte "Cassini" zu den schwersten Sonden, die sich je auf den Weg ins All gemacht haben. Neben der optischen Kamera, die in Nähe des Jupiters erneut ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen konnte, gehören unter anderem auch ein Plasmawellen-Detektor, ein thermoelektrischer Generator und ein ausfahrbares Magnetometer zur Ausrüstung.
Nach dem Aufsehen erregenden Rendezvous mit Jupiter wird es wohl erst einmal ruhig werden um "Cassini". Der Beginn der wissenschaftlichen Arbeit am Zielort ist erst für Anfang 2004 geplant, bevor die Sonde im Juli 2004 in einen Orbit um Saturn einschwenken soll.