Satellitenbild der Woche Weißer Riese im Rückwärtsgang
Wenn sich die eisige Zunge eines Gletschers zurückzieht, hat das nicht immer etwas mit dem Klimawandel zu tun. Das muss man sich klar machen, wenn man sich das Schicksal des Columbia-Gletschers ansieht. Das heißt wiederum aber auch nicht, dass steigende Temperaturen im hohen Norden nichts mit seinem Zustand zu tun haben.
Im US-Bundesstaat Alaska schiebt sich der Gletscher von den Chugach Mountains in den Prince William Sound. Die Eismassen legen auf ihrem Weg ins Meer rund 3300 Höhenmeter zurück. Und seit Jahren hat der weiße Riese den Rückwärtsgang eingelegt: Er zieht sich in einem atemberaubenden Tempo zurück, vor allem weil physische Belastungen im zusetzen.
Auf Bildern der "Landsat"-Satellitenfamilie, das sind zivile Erdbeobachtungssatelliten der US-Weltraumbehörde Nasa, lässt sich mit beeindruckender Klarheit erkennen: Zwischen 1986 und 2011 hat der Gezeitengletscher sein Gesicht dramatisch verändert. Mittlerweile verfügt er sogar über zwei klar voneinander getrennte Fronten.
Die Falschfarbenbilder aus rund 700 Kilometern Höhe zeigen, wie die ursprüngliche Gletscherfront über die Jahre 20 Kilometer zurückgewichen ist - teilweise um mehr als einen Kilometer im Jahr. Die Geschwindigkeit des Rückgangs lag allerdings in den verschiedenen Jahren bei sehr unterschiedlichen Werten. Zwischen 2000 und 2006 tat sich zum Beispiel kaum etwas, weil zwei Berggipfel dabei halfen, die Gletscherzunge zu stabilisieren.
Schnee und Eis leuchten auf dem Bild in Blaugrün, Vegetation in Grün, Wolken in Weiß oder Hellorange, Gestein in Braun und felsige Trümmerstücke auf dem Gletscher in Grau. Wer genau hinsieht, erkennt, dass über die Jahre der Braunanteil sichtlich zunimmt - weil der Gletscher nicht nur kürzer, sondern auch dünner geworden ist.
Wie viele Eisberge vom Columbia-Gletscher abbrechen, hängt davon ab, ob die Gletscherzunge am Boden des Prince William Sound aufliegt - oder ob sie womöglich schwimmt. Im ersten Fall entsteht nur eine vergleichsweise kleine Zahl von Eisbergen. Ganz anders sehen die Dinge jedoch im zweiten Fall aus: Weil die Kräfte des Wassers in diesem Fall viel stärker an der eisigen Zunge zerren, geht auch mehr Eis verloren - so wie es zwischen 2007 und 2010 der Fall war.
Inzwischen hat die Gletscherzunge sozusagen wieder Boden unter den Füßen. Aber das wird nicht allzu lange so bleiben, vermuten Forscher. Sie gehen davon aus, dass der Gletscher noch so lange vergleichsweise viel kalben wird, bis seine Zunge das Land erreicht hat. Dafür muss er sich allerdings noch weitere 15 Kilometer zurückziehen. Im Jahr 2030 könnte die Eiszunge den Strand erreicht haben.
Dort könnte er sich nach Ansicht von Gletscherforschern sogar wieder eine Moräne zulegen, die seine Geschwindigkeit verringert - und ihm irgendwann vielleicht sogar wieder beim Wachsen hilft.