Beinahe-Kollisionen im Weltall Chinas Raumstation musste Elon Musks Satelliten ausweichen

Das Weltall ist offenbar zu klein für zwei große Egos: Satelliten der Firma von Milliardär Elon Musk zwangen Chinas Raumstation zur Kursänderung. Peking rügt die USA, im Netz kursieren Boykottaufrufe gegen Tesla.
Taikonaut Ye Guangfu bei Außenarbeiten an der Raumstation »Tiangong« (Screenshot vom 26. Dezember aus dem chinesischen Raumfahrtkontrollzentrum)

Taikonaut Ye Guangfu bei Außenarbeiten an der Raumstation »Tiangong« (Screenshot vom 26. Dezember aus dem chinesischen Raumfahrtkontrollzentrum)

Foto: Guo Zhongzheng / imago images/Xinhua

Das chinesische Außenministerium wirft den USA eine Verletzung von Raumfahrtverträgen vor. China fordere die Vereinigten Staaten auf, sich verantwortlich zu verhalten, erklärte Ministeriumssprecher Zhao Lijian am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Peking. Pflichtwidriges Verhalten der USA habe Astronauten, in China Taikonauten genannt, in Gefahr gebracht.

Hintergrund sind zwei Beinahe-Kollisionen der chinesischen Raumstation »Tiangong« mit Satelliten aus dem »Starlink«-Programm der US-Firma SpaceX von Multimilliardär und Tesla-Chef Elon Musk.

Boykottaufrufe gegen Tesla und Forderungen nach Sanktionen wurden am Dienstag in Chinas Internetdiensten millionenfach geteilt. Nach Angaben Pekings hatte die chinesische Raumstation »Tiangong« zweimal ihren Kurs ändern müssen, weil Satelliten des SpaceX-Programms »Starlink« sich auf Kollisionskurs mit ihr befanden.

Die Vorfälle ereigneten sich demnach im Juli und Oktober. »Die Manöverstrategie war unbekannt, und die Fehler in der Umlaufbahn waren schwer einzuschätzen«, teilte Peking zu dem Zwischenfall im Oktober mit. Es seien Maßnahmen ergriffen worden, um »die Sicherheit und das Leben der Astronauten im Orbit zu gewährleisten«.

Boykottaufrufe gegen Tesla

Ein Zusammenstoß mit der Raumstation hätte diese wahrscheinlich »völlig zerstört« und alle Menschen an Bord getötet, sagte der Astrophysiker Jonathan McDowell vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics der Nachrichtenagentur AFP.

In den chinesischen Onlinediensten war die Empörung über die Vorfälle groß. »Wie ironisch, dass die Chinesen Tesla kaufen und große Geldsummen beisteuern, damit Musk ›Starlink‹ starten kann, und dann stürzt er (fast) in Chinas Raumstation«, kommentierte ein Nutzer. »Bereiten Sie sich darauf vor, Tesla zu boykottieren«, schrieb ein anderer.

Einige Nutzer spekulierten, dass die US-Regierung Sanktionen verhängt hätte, hätte ein chinesisches Unternehmen eine US-Raumstation bedroht. »Warum tun wir nicht einfach, was sie tun würden?«, schrieb einer.

Ausweichmanöver werden häufiger nötig

Ein erstes Modul der Raumstation »Tiangong«, Himmlischer Palast, war in diesem Jahr ins All gebracht worden, im Laufe des kommenden Jahres soll sie voll funktionstüchtig sein. China verfolgt ein ehrgeiziges Raumfahrtprogramm. Das Land hat bereits einen Rover zum Mars sowie Sonden zum Mond entsandt.

»Starlink« von SpaceX betreibt mehr als 1700 Satelliten. Ziel des Programms ist es, weiten Teilen der Erde einen Zugang zum Internet zu gewähren. »Seit ›Starlink‹ in Betrieb ist, haben wir einen Anstieg der Zahl der nahen Vorbeiflüge bemerkt«, sagte der Astrophysiker McDowell. Ausweichmanöver in den erdnahen Umlaufbahnen würden allerdings allgemein immer häufiger nötig, weil sich dort immer mehr Objekte drängten.

Musk wird in China von vielen bewundert. Tesla verkauft jedes Vierte seiner Fahrzeuge auf dem chinesischen Markt. Als eines der wenigen ausländischen Unternehmen betreibt der US-Hersteller ein Werk in Shanghai, das sich gänzlich in seinem Besitz befindet. Zuletzt hatte jedoch auch Teslas Ruf infolge von mehreren Unfällen, Skandalen und Problemen bei der Datenspeicherung gelitten.

ak/Reuters/AFP
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