Exoplaneten-These "Super-Erden" sind keine Raritäten

Astronomen haben eine "Super-Erde" in etwa 9000 Lichtjahren Entfernung entdeckt. Die Forscher glauben, dass die großen Felsplaneten häufiger vorkommen als Gasgiganten im Jupiterformat. Jeder dritte Stern könnte einen haben.

Bei der Jagd nach Exoplaneten melden Forscher immer neue Erfolge. Als besonders hilfreich erweist sich dabei der Mikro-Gravitationslinseneffekt: Ein normalerweise in keinem irdischen Teleskop sichtbarer Planet verrät sich, indem er durch seine Schwerkraft das Licht eines hinter ihm liegenden Sterns beugt.

Erst Ende Januar war mit dieser sensiblen Messmethode der bis dahin kleinste Erdzwilling gefunden worden: Der Exoplanet im Sternbild Schütze sei etwa fünfeinhalb Mal so schwer wie die Erde und verfüge über eine mit Eisseen bedeckte felsige Oberfläche, berichteten die Forscher.

Jetzt hat ein internationales Team ebenfalls mit dem Mikrolinseneffekt einen weiteren Exoplaneten aufgespürt: eine sogenannte Super-Erde, die rund 13-mal so schwer ist wie unser Planet. Das Besondere an dem 9000 Lichtjahre entfernten Fund ist seine vergleichsweise kleine Umlaufbahn. Der Brocken aus Fels und Eis bewegt sich in einer Entfernung um sein Zentralgestirn, die etwa der zwischen Jupiter und Sonne entspricht.

"Wir haben noch nie zuvor ein solches System beobachtet, weil uns die Möglichkeiten dazu fehlten", sagte Andrew Gould von der Ohio State University. Leben scheint auf dem Planeten kaum möglich: Es herrschen eisige Temperaturen von minus 200 Grad Celsius. Ein Gasplanet habe sich nicht bilden können, berichten die Forscher, weil der Planet aus Eis und Gestein nicht genug Gas habe ansammeln können. "Das ist ein Solarsystem, dem das Gas ausgegangen ist", sagte Scott Gaudi vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics.

Die Forscher haben den Stern, dessen Licht durch den Mikrolinseneffekt beeinflusst wurde, im Rahmen des Optical Gravitational Lensing Experiment (OGLE) im April 2005 entdeckt. Am 1. Mai beobachtete Gould das extreme Flackern des Sterns und vermutete sofort, dass ein Exoplanet dafür verantwortlich ist. "Ich war sehr aufgeregt und wollte unbedingt, dass andere den Stern ebenfalls beobachten."

Super-Erden in der Milchstraße häufig anzutreffen

Kurzfristig richteten Astronomen in Arizona, Neuseeland und auf Hawaii ihre Teleskope auf das Objekt. Aus den weltweit gewonnenen Daten konnten die Astronomen schließlich die Masse des Planeten berechnen. Ihre Studie wurde bei den "Astrophysical Journal Letters" eingereicht und vorab bei Arxiv.org veröffentlicht.  

Die Astronomen folgern aus ihren Beobachtungen, dass noch viele Super-Erden entdeckt werden könnten. "Sie sind relativ weit verbreitet", sagte Gould. "Rund 35 Prozent aller Sterne haben eine." Der gängigen Theorie zufolge dürften kleinere Planeten im Umfeld kleinerer Sterne besonders leicht entstehen. Bei den Sternen unserer Galaxie handelt es sich überwiegend um rote Zwerge, also um kleinere Sterne.

Die Entdeckung zeige, welchen Einfluss die Masse des Zentralgestirns auf die Planetenbildung habe, erklärte Gould. Leichtere Sterne erschwerten nicht nur die Bildung schwerer Gasplaneten, in ihrem Umfeld stehe auch weniger Materie zur Verfügung, weshalb eher kleinere Planeten entstünden.

Noch vor einem Jahrzehnt wären Entdeckungen wie diese kaum möglich gewesen, weil es an Techniken fehlte, Planeten überhaupt nachzuweisen. Mittlerweile wurden rund 170 Exoplaneten gefunden, bei den meisten handelt es sich um Gasgiganten der Jupiterklasse. Nur eine Handvoll leichterer Planeten der Größe von Neptun wurden bislang entdeckt. Mit einer neuen Generation von Teleskopen, so hofft Gould, könnten Forscher schon bald auch noch leichteren, erdähnlichen Planeten auf die Spur kommen.

hda

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