Gammastrahlen-Ausbrüche Sterbende Sterne blitzen gewaltig

Wie die heftigsten Energieausbrüche im Universum entstehen, war für Astronomen lange ein Rätsel. Nun will ein Team die Ursache der explosiven Gammablitze aufgedeckt haben.

Einzig der Urknall übertraf sie noch an Gewalt: Die so genannten Gamma-Ray-Bursts sind die heftigsten Ausbrüche, die das Universum nach dem Big Bang zu bieten hat. Die gewaltigen Blitze, die mitunter mehrmals am Tag aus den Tiefen des Kosmos herüberstrahlen, setzen in einer einzigen Sekunde so viel Energie frei wie die Sonne während ihres gesamten Lebens.

Jetzt glaubt ein Forscherteam, die Entstehung der Gammastrahlen-Ausbrüche besser erklären zu können: Wie die Wissenschaftler vermuten, folgen die gigantischen Blitze dem Kollaps eines Riesensterns. Ihre Beobachtungen veröffentlicht das Team um James Reeves von der britischen University of Leicester in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins "Nature".

Die eigentlichen Gammablitze strahlen höchstens für Sekunden oder Minuten, daher können die Forscher meist nur den Abglanz der Explosion aufzeichnen. Ein solches Nachleuchten, das ein Ausbruch mit der Bezeichnung GRB011211 in zehn Milliarden Lichtjahren Entfernung hinterlassen hatte, untersuchten auch Reeves und seine Kollegen. Die Daten hatte ihnen der europäische Röntgensatellit "XMM-Newton" geliefert.

Wie die Analyse des Röntgenlichts ergab, stammt es von heißem Gas, das der Erde vom Ausbruchsherd mit einem Zehntel der Lichtgeschwindigkeit entgegengeschleudert wurde. Zudem konnten die Forscher die Bestandteile des Auswurfs bestimmen: Er enthält Elemente wie Magnesium, Silizium, Schwefel, Argon und Kalzium - eine Mischung, die typisch ist für die Supernova-Explosionen, mit denen stellare Giganten ihre Laufbahn beenden.

Die überraschenden Ergebnisse machen eine der Erklärungen für die energiereichen Blitze wahrscheinlicher: "Bis jetzt war es unklar, ob die Gamma-Ray-Bursts bei einer Supernova-Explosion entstehen oder bei der Vereinigung zweier Neutronensterne", erklärt Co-Autor Julian Osborne. "Beide Ereignisse könnten einen intensiven Ausbruch von Gammastrahlen verursachen, auf den ein Röntgen-Nachleuchten folgt."

Nach Ansicht der Forscher wurde der Gamma-Ray-Burst, dessen Nachleuchten sie beobachtet haben, tatsächlich von einer lebensmüden Riesensonne hervorgerufen: Während der Stern seine äußere Hülle in einer mächtigen Supernova-Explosion wegsprengte, kollabierte sein Kern zu einem Schwarzen Loch. Zehn bis hundert Stunden später folgte dann der Gammastrahlen-Blitz, vermutet das Team.

"Mit den neuen Beobachtungen", schreibt Herman Marshall vom Massachusetts Institute of Technology in einem "Nature"-Begleitkommentar, "hat sich unser Verständnis der Gammastrahlen-Ausbrüche verbessert." Trotzdem bleiben nach Ansicht des Astrophysikers noch viele Fragen offen, zumal sich die Gamma-Ray-Bursts in ihren Merkmalen zum Teil erheblich unterscheiden.

Bei der Klärung sollen weitere Weltraumspäher helfen: Einer von ihnen, der "High Energy Transient Explorer", ist im Jahr 2000 ins All gestartet und soll die Forscher besonders schnell über neue Gammablitze informieren. Und im kommenden Jahr will die US-Raumfahrtbehörde Nasa den "Swift"-Satelliten in die Umlaufbahn schießen, der sich ebenfalls den gewaltigsten Explosionen des Universums widmen wird.

Martin Paetsch

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