Mächtiger Gammastrahlenblitz Das Geheimnis von GRB 130603B

In kürzester Zeit schicken Gammastrahlenblitze mehr Strahlung ins All als unsere Sonne während ihres ganzen Lebens. Forscher wollen jetzt eine Theorie zur Entstehung des faszinierenden Phänomens bewiesen haben - auch wenn Zweifel bleiben.
Kollision zweier Neutronensterne (künstlerische Darstellung): Mächtiger Gammastrahlenblitz

Kollision zweier Neutronensterne (künstlerische Darstellung): Mächtiger Gammastrahlenblitz

Foto: DPA / Dana Berry / SkyWorks Digital / CFA Harvard

Im Bruchteil einer Sekunde war das Spektakel schon wieder vorbei. Am 3. Juni registrierten  die Instrumente der Satelliten "Swift" und "Wind" einen kurzen, aber mächtigen Gammastrahlenblitz. Der massive Ausbruch mit der Archivnummer GRB 130603B hatte seinen Ursprung in 3,9 Milliarden Lichtjahren Entfernung von der Erde. Bestenfalls ein paar Mal im Jahr lassen sich solche Beobachtungen machen.

Eine im Fachmagazin "Nature"  (online vorab) veröffentlichte Studie zeigt nun, welcher Mechanismus vermutlich hinter dem spektakulären Phänomen steckt. Ein Team um Nial Tanvir von der University of Leicester will mit den Beobachtungsdaten des Ausbruchs eine gängige, aber bisher nicht zweifelsfrei belegte These von Astronomen beweisen. Danach entstehen kurze Gammastrahlenblitze beim Zusammenstoß von

  • zwei Neutronensternen, also extrem dicht gepackten Überresten alter Sterne, oder
  • einem Neutronenstern und einem Schwarzen Loch.

Astronomen hatten die Himmelsregion, in der GRB 130603B registriert wurde, mit dem "Hubble"-Weltraumteleskop beobachtet - einmal neun Tage vor dem Ausbruch und einmal 30 Tage danach. Auf Basis dieser Daten vermuten die Forscher, dass bei dem Zusammenstoß eine sogenannte Kilonova aufgetreten ist. Das ist eine Art Schwester einer Supernova.

Kilonovae gelten als wichtige Quelle für bestimmte schwere Elemente im Universum. Im Rahmen des sogenannten r-Prozesses entstehen dabei bei unvorstellbar großen Neutronendichten schwere Atomkerne. Zunächst sind die entstehenden Elemente instabil, nach einer Zerfallsreaktion werden dann große Mengen stabiler Elemente von Eisen bis Blei - auch Gold - sowie langlebiger Isotope von Bismut, Uran, Thorium und Plutonium gebildet.

"Einige Punkte, an denen Zweifel durchscheinen"

Die bei dem Zerfall entstehende Strahlung lässt sich nachweisen - und genau das wollen Tanvir und Kollegen mit Hilfe der "Hubble"-Daten getan haben. "Wenn sich dies bestätigt - und dafür gibt es weitere geeignete Daten -, dann wäre dies in der Tat eine sehr wichtige Entdeckung", sagt Jochen Greiner vom Max-Planck-Institut für Extraterrestrische Physik (MPE) in Garching im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE.

Die bisherigen Berechnungen legten nahe, dass ein Großteil der Energie der Kilonova im Nahinfrarotbereich zu beobachten sei, schreiben Nial Tanvir und Kollegen. Und tatsächlich hätten sie nach GRB 130603B passenden Beobachtungen im Bereich des sichtbaren Lichts und im Nahinfrarot gemacht.

Astrophysiker Greiner moniert an der Studie jedoch "einige Punkte, an denen Zweifel durchscheinen". Konkret nennt der MPE-Forscher die Daten im blauen sowie im Röntgenbereich. Zum einen hänge eine in der Tanvir-Veröffentlichung dargestellte Kurve vom zeitlichen Verlauf des blauen Lichtes "ganz entscheidend" von einem ganz bestimmten Datenpunkt ab - und genau dieser sei in einer Vorläuferpublikation nicht enthalten.

Außerdem habe eine andere Gruppe von Wissenschaftlern mit dem europäischen Röntgensatelliten "XMM-Newton" den Röntgenfluss am dritten Tag nach dem Ausbruch gemessen . Dabei seien die Forscher zu einem Ergebnis gekommen, das nicht in die Darstellung der aktuellen Publikation passt. "Beide Punkte würden dazu führen, dass man die spätere Messung des roten Lichtes eher noch dem Nachleuchten zuordnen würde, und nicht einer Kilonova", sagt Greiner.

Bis das Rätsel der kurzen Gammastrahlenblitze komplett gelöst ist, müssen die Forscher also wohl noch einige dieser faszinierenden Ausbrüche beobachten. Auch im Bau befindliche Gravitationswellen-Detektoren wie "Advanced Ligo" und "Advanced Virgo" sollten in der Lage sein, die vermutlich zugrundeliegenden Kollisionen in unserer kosmischen Nachbarschaft zu beobachten.

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