Gasblasen Die Erde fliegt durch heißen Schaum
Die Sonne spendet der Erde nicht nur Licht und Wärme, sondern bombardiert sie auch mit einem heftigen Sturm aus geladenen Teilchen, dem sogenannten Sonnenwind. Die Erde blockt den Teilchenstrom mit ihrem Magnetfeld ab, während sie um die Sonne kreist. Das Ergebnis ist eine Art Bugwelle, die der eines Schiffes ähnelt.
Wissenschaftler vergleichen dieses als "bow shock" bekannte Phänomen auch mit einem Flugzeug, das mit Überschallgeschwindigkeit fliegt. Der Druck, der dabei zustande kommt, entlädt sich im Überschallknall. Im Unterschied zu Flugzeugen und Schiffen ist Wissenschaftlern aber bisher nicht klar, wie sich die Energie an der magnetischen Bugwelle der Erde zerstreut.
Jetzt könnten sie des Rätsels Lösung einen wichtigen Schritt näher gekommen sein: Wo der Sonnenwind auf das Erdmagnetfeld stößt, blähen sich ständig Tausende riesiger, superheißer Gasblasen auf und zerplatzen - und das jeweils binnen Sekunden.
Die Entdeckung kam durch einen Zufall zustande, den die vier europäischen "Cluster"-Satelliten und die europäisch-chinesische "Double Star"-Mission ermöglicht haben. Auf ihrem Weg um die Erde registrierten die Sonden seltsame Schwankungen in der Dichte und Temperatur des heißen Gases im Bereich der magnetischen Bugwelle des Planeten.
George Parks von der University of California in Berkeley hielt das zunächst für eine Instrumenten-Fehlfunktion. "Dann sah ich mir die Daten aller vier 'Cluster'-Satelliten an", sagte der Wissenschaftler. "Die Anomalien wurden von allen vier Raumschiffen gleichzeitig gemessen. Da wusste ich, dass sie real sind."
Zerplatzende 1000-Kilometer-Blasen
Die Daten besagen, dass die Blasen einen Durchmesser von etwa 1000 Kilometern erreichen und nur rund zehn Sekunden bestehen, ehe sie zerplatzen. Im Innern der Blasen besitzt das Gas nur ein Zehntel seiner sonstigen Dichte, schreiben Parks und seine Kollegen im Fachblatt "Physics of Plasma" . Dafür aber sei es mit zehn Millionen Grad Celsius rund hundertmal heißer als außerhalb der Blasen.
Durch den Abgleich der Daten von den unterschiedlichen Sonden haben die Forscher außerdem herausgefunden, dass die Blasen über der Sonnenseite der Erde in Höhen zwischen 82.000 und 120.000 Kilometern existieren. Bei jeder Umrundung der Erde durchqueren die Sonden 20 bis 40 der Blasen.
"Starke Indizien" sprächen dafür, dass das Blasenspiel seine Energie aus der Kollision zwischen Sonnenwind und Erdmagnetfeld bezieht, erklären die Wissenschaftler. Bis man sicher sein könne, sei aber noch viel Forschungsarbeit zu erledigen. "Zunächst werden wir die Blasen so genau wie möglich studieren", sagte Parks. "Anschließend versuchen wir, sie per Computer zu simulieren. Erst dann werden wir wissen, welche Wirkung sie haben."
mbe