Geschichte des Sonnensystems Mond ist jünger als gedacht

Der Mond ist wahrscheinlich etwa 30 Millionen Jahre später entstanden als bisher angenommen. Das schließen Forscher aus einer neuen Isotopenanalyse - die auch nahelegt, dass der Magma-Ozean auf der urzeitlichen Erde langsamer erstarrt sein muss als gedacht.

Der Mond entstand bei einem gewaltigen Crash - das ist die heute gängigste Hypothese. Ein Himmelskörper von der Größe des Mars kollidierte mit der Proto-Erde, dabei gelangten große Mengen geschmolzenen und verdampften Materials in eine Erdumlaufbahn. Aus dieser Trümmerschicht soll sich dann der Mond gebildet haben. Bislang nahm man an, dass sich der Erdtrabant rund 40 Millionen Jahre nach der Entstehung des Sonnensystems formte, dessen Alter auf 4,5 Milliarden Jahre geschätzt wird.

Ein schweizerisch-deutsches Forscherteam glaubt jedoch, dass der Mond etwa 30 Millionen Jahre jünger ist. Mathieu Touboul von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich und seine Kollegen berufen sich dabei auf neue Isotopenuntersuchungen von Mondgestein. Bisherige Alterschätzungen fußen unter anderem auf dem Isotop Wolfram-182, das eine Halbwertzeit von neun Millionen Jahren hat.

Wolfram-182 entsteht beim Zerfall von Hafnium-182 und Tantal-182. Tantal-182 sei auf dem Mond jedoch eigentlich nicht vorhanden, schreiben Touboul und seine Kollegen im Wissenschaftsmagazin "Nature" . Es entstehe vielmehr, wenn kosmische Strahlung auf die Mondoberfläche auftreffe. Frühere Isotopenanalysen hätten dies nicht berücksichtigt. "Es ist äußerst wichtig, dass all das Wolfram-182, das auf die kosmische Strahlung zurückgeht, herausgerechnet wird", sagte Touboul dem Online-Magazin des "New Scientist". Ansonsten werde der Mond älter gemacht, als er ist.

Crash später als gedacht

Nach den Berechnungen der Forscher fand der gigantische Crash mit der Proto-Erde, in dessen Folge der Mond entstand, 50 bis 70 Millionen Jahre nach Beginn des Sonnensystems statt - rund 30 Millionen Jahre später als nach bisherigen Theorien. Entsprechend jünger sei auch der Mond.

Auch die Zusammensetzung des Mondes ist offenbar anders als bislang angenommen - dies legen die Untersuchungen des schweizerisch-deutsches Forscherteams nahe. Das Material scheine identisch zu sein mit dem des Erdmantels, sagte Alan Brandon vom Johnson Space Center der Nasa in Houston dem "New Scientist". Ein Großteil des Mondes müsse von der Proto-Erde stammen. Einige frühere Modelle hätten hingegen ergeben, dass der Mond zu 80 Prozent aus dem Material des Mars-großen Himmelskörpers besteht, der mit der Proto-Erde kollidiert war. "Ich denke, dass die Mond-Entstehungsmodelle überarbeitet werden müssen, um zu erklären, warum Mond und Erde so ähnlich zusammengesetzt sind", sagte Brandon.

Aus den Isotopenanalysen folgert Toubouls Team außerdem, dass der Magma-Ozean auf der Erde langsamer erstarrt sein muss, als es bisherige Modelle vermuten lassen. Bei künftigen Weltraummissionen könne man diese These überprüfen, schreibt Nasa-Forscher Brandon in einem "Nature"-Kommentar. "Der Schlüssel könnte in Proben liegen, die von Mond oder Mars zur Erde gebracht werden."

hda

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