"Global Surveyor" Kontakt zu Mars-Sonde abgerissen

Der Haudegen der Marserkundung antwortet nicht mehr: Die Nasa kann keine Signale von "Mars Global Surveyor" empfangen. Nun fragt sie sich: Ist das Raumschiff nur kurz im Stromsparmodus - oder kaputt?

Los Angeles - Die Funkstille macht den Verantwortlichen Sorgen, schließlich ist der Verschollene kein Jungspund mehr. Seit über einer Woche empfängt die Nasa keine Signale ihrer Raumsonde "Mars Global Surveyor" mehr. Gerade hatte das Gefährt sein zehntes Einsatzjahr voll gemacht. Am 7. November 1996 war die Sonde gestartet worden. Sie umkreist den Nachbarplaneten länger als jedes andere Raumschiff. Doch nun sind ihr Verbleib und ihr Schicksal ungewiss.

Am Jet Propulsion Laboratory der Nasa im kalifornischen Pasadena hofft man auf eine simple Erklärung für das Schweigen aus dem Marsorbit. Bereits vorletzte Woche hatten die Techniker am Boden zwei Tage lang den Kontakt zum "Mars Global Surveyor" verloren. Am darauffolgenden Sonntag empfingen sie dann zwar wieder ein schwaches Trägersignal. Es enthielt aber keine Daten. Seit sieben Tage wartet die Nasa nun vergeblich. Der "Surveyor" habe keine Empfangsbestätigung für die Befehle geschickt, mit denen er angewiesen worden sei, einen seiner Transmitter auf die Erde auszurichten, sagte Projektmanager Tom Thorpe.

Außer dem "Mars Global Surveyor" umrunden den Mars gegenwärtig die Nasa-Raumschiffe "Mars Reconnaissance Orbiter" und "Mars Odyssey" und die Esa-Sonde "Mars Express". An Bord des nun vermissten Beobachters befindet sich eine hochauflösende Kamera, mit der die Marsoberfläche systematisch kartografiert wurde. Tausende Digitalbilder hat der "Surveyor" zur Erde gefunkt. Darunter sind auch solche, die mögliche Spuren fließenden Wassers aus der Marsvergangenheit zeigen. Erst im Oktober hatten deutsche Wissenschaftler mit Daten des "Surveyor" dreidimensionale Animationen des berühmten Marsgesichts erzeugt.

Defekt am Solarsegel vermutet

Als erste Erklärung für den Ausfall dient den Experten in Pasadena ein Defekt, der kürzlich aufgetreten ist. Eine Motoraufhängung an einem der zwei Solarsegel des "Surveyor" habe offenbar nicht richtig funktioniert, sagte Thorpe. Daraufhin könnte die Raumsonde in einen stromsparenden Sicherheitsmodus gegangen sein. Dabei dreht das Raumschiff sich so zur Sonne, dass das Solarsegel möglichst viel Sonne auffangen könne - wendet seine Antenne aber von der Erde ab.

Nun fällt es der Nasa schwer, den "Mars Global Surveyor" wiederzufinden: Das Bodenpersonal weiß nicht, an welchem Einstellwinkel das Solarsegel ausgefallen sein könnte. Außerdem ändert sich die Position der Sonde ständig, da der "Surveyor" in nur einer Stunde um den Planeten fliegt.

Nun fürchtet die Nasa ein kniffliges Dilemma: Die Raumsonde ist darauf programmiert, sich mit einer ihrer Antennen Richtung Erde zu drehen, wenn sie keine Signale empfängt. Das könnte allerdings bedeuten, dass eines ihrer Solarsegel in den Schatten gerät. "Ein Segel reicht aber nicht aus, um das Raumschiff lange am Leben zu erhalten", sagte Thorpe. Weil die Annahmen der Nasa-Verantwortlichen voller Spekulationen sind, wollen sie nun zunächst den "Surveyor" in Augenschein nehmen lassen - von "Mars Reconnaissance Orbiter". Die Sonde soll mit ihren Kameras Ausschau nach dem Genossen halten. Der Orbiter war erst im März in eine endgültige Marsumlaufbahn eingeschwenkt.

Schon bei seinem eigenen Einschwenken in den Orbit des roten Planeten hatte "Mars Global Surveyor" 1997 Probleme mit den Solarzellen bekommen. Das Abbremsen in eine niedrigere Umlaufbahn verzögerte sich so um über ein Jahr. Seitdem hatte die Sonde ihr Bodenpersonal allerdings geradezu entzückt. Ihre ursprüngliche Missionszeit von einem Marsjahr - rund zwei Erdenjahre - hat sie mehrfach überschritten. Erst im September diesen Jahres hatte die Nasa die Missionszeit des "Surveyor" erneut verlängert - um gleich zehn Jahre.

Nun schwankt Programmanager Thorpe zwischen großer Zuversicht ("Mit ausreichend Strom könnte das Raumschiff noch jahrelang intakt bleiben.") und der Angst, vom "Mars Global Surveyor" nie mehr einen Pieps zu hören: "Es ist unklar, wie lange wir brauchen werden, um alle Möglichkeiten auszuschöpfen, oder zu der Schlussfolgerung kommen, dass wir nichts mehr von ihm hören werden."

stx/AP

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