Satellitenbild der Woche Ein ganzer See Campari-O

Die iranische Großstadt Schiras ist für ihre üppigen Gärten berühmt. Da wäre zum Beispiel der Orangengarten Bagh-e Narandschestan mit seinen vielen leuchtenden Früchten. Oder Bāgh-e Eram, der Paradiesgarten, dessen Geschichte fast tausend Jahre zurückreicht. Im ganzen Land ist Schiras für seinen Blumenreichtum und die berühmten Rosenzüchtungen bekannt.
Doch wenn Besucher aus dem Ort rund zwei Dutzend Kilometer herausfahren und dabei die richtige Jahreszeit wählen, dann können sie ein wunderbares Farbspiel betrachten, das noch viel ungewöhnlicher ist. Ihr Ausflug führt sie dann vorbei am Flughafen der Stadt in südöstliche Richtung. Manchmal tauchen grüne Felder aus der ansonsten kargen Landschaft auf, der Khoshk-Fluss liegt in Reichweite. Er mündet schließlich in den Maharloo-See – dem Ziel der kleinen Reise.
Wenn der Fluss immer so viel Wasser wie im Winter durch die Gebirgslandschaft in rund 1400 Metern Höhe transportieren würde, dann wäre der See wohl kaum jemals so viel fotografiert worden. Denn dann ist nichts sonderlich auffällig in der kargen Landschaft des Südwest-Irans.
Aber im Sommer ändert sich die Lage. Dann ereignet sich hier Ungewöhnliches.
Von dem See bleibt meist nicht viel übrig. Weil in der Wüstenregion die jährliche Verdunstung viel größer als die jährliche Niederschlagsmenge ist, trocknet das Gewässer dann leicht aus. Aufgrund dieser hohen Verdunstungsrate ist der Grund des Sees im Laufe der Zeit mit Salz bedeckt worden.
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22.03.2023 11.00 Uhr
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Der hohe Salzgehalt überträgt sich auf das Wasser, was wiederum bewirkt, dass bestimmte, an den hohen Mineralgehalt hervorragend angepasste Algenarten gut gedeihen, und die Oberfläche bedecken. Das Wasser enthält dann eine Vielzahl von Organismen, die sich von den Salzen ernähren. Sie sind für die Färbung verantwortlich, die von Rosa über Orange bis hin zu Rot reicht – die Farbe ist so grell, dass sie sogar aus dem All noch gut zu erkennen ist. Das Bild stammt von den Esa-Satelliten der »Sentinel-2«-Mission, die sich in fast 800 Kilometern Höhe bewegen.

Maharloo-See im Iran: Die Farben reichen von Rosa über Orange bis hin zu Rot
Foto: Socha / iStockphoto / Getty ImagesVon dort oben wirkt der Kontrast in der kargen Landschaft noch größer, zudem sind die Schattierungen zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich stark ausgeprägt. Grundsätzlich wird die Farbe des Wassers dunkler, je tiefer der See ist. In diesem Sommer war das Wasser aber ganz verschwunden, berichtet die Europäische Weltraumorganisation Esa. Das Bild oben, auf dem der See dunkelorange wie die Früchte im Orangengarten von Schiras erscheint, stammt aus dem Juni 2019, wurde von der Esa aber erst jetzt veröffentlicht. Damals war der Wasserstand sehr niedrig.
Wie bei vielen Wüstenseen sammelt sich das von den umliegenden Bergen heruntergewaschene Salz an. Es ist auf dem Satellitenbild als weiße Kruste entlang des Seeufers zu sehen. Für die Region ist das Salz ein wertvoller Rohstoff. Anlagen zur Gewinnung stehen am Südufer des Maharloo-Sees.
Rosa Gefieder schnäbelt am See
Das Salz bewirkt aber auch, dass kaum Tiere im See leben können – insbesondere Fische nicht. In den Sommermonaten zieht es dennoch einige Vögel an den Maharloo, etwa Flamingos. Es sind die Mikroorganismen aus solchen Seen, die die Tiere verspeisen und die ihrem Gefieder die rosa Farbe verleihen. Ausgerechnet solche trüben Brühen aus Algen und Mineralien, die man auch aus andern Teilen der Welt kennt, verleihen der Natur manchmal Glamour.
Für die »Sentinel«-Satelliten aus dem Erdbeobachtungsprogramm der Esa ist das Monitoring des Sees übrigens eine gute Übung: Mit seinen 13 Spektralkanälen kann der Bildgeber an Bord Wasserqualitätsparameter wie die Oberflächenkonzentration von Chlorophyll erfassen, schädliche Algenblüten erkennen und die Trübung des Wassers messen. All das gibt Hinweise auf den Gesundheitszustand und den Verschmutzungsgrad von Gewässern.
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