
Lander "Philae": Elegante Drehung auf Kometen
Signale vom Kometen-Labor auf Tschuri "Philae" sendet wieder
Darmstadt/Tschurjumow-Gerassimenko - Kurz hatten die Wissenschaftler in Darmstadt Kontakt zum Kometenlander "Philae", dann riss er wieder ab. Das twitterte die Europäische Weltraumorganisation Esa am späten Abend. Wenige Minuten später dann die Meldung "Stable comms" - stabile Kommunikation, "Philae" sendet Daten.
Das nutzten die Esa-Techniker, um "Philae" in Richtung Sonne auszurichten: "Wir haben den Aufbau um 35 Grad gedreht", sagte Manuela Braun vom Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR). Das war notwendig, weil nur ein kleiner Solarpanel vom Licht beschienen wurde. "Philae" drehte einen größeren Sonnenkollektor in den Lichtstrahl, erläuterte die Esa in ihrem Blog .
Nun warten die Wissenschaftler gespannt auf die Übertragungen "Philaes", berichtet die Sprecherin; "wir bekommen im Moment Daten zum Gesundheitszustand". Fürs Erste seien die Wissenschaftler und Techniker erleichtert, dass der Lander noch sendet.
Der "Guardian" hatte zuvor sogar von einem "Hüpfer ins Licht" geschrieben. Denn die Beine des Landers haben eine Sprung-Funktion, mit der das Manöver gestartet werden könnte. Die Drehung reicht jedoch, wenn einer der größeren Sonnenkollektoren den Lichtstrahl einfängt, der derzeit einen kleineren trifft.
Hätte die Drehung nicht mehr funktioniert, dann wäre "Philae" bald die Energie ausgegangen. Grund war eine Panne beim Landemanöver: Statt sich in der geplanten Position zu verankern, prallte der Lander bei der geringen Schwerkraft auf dem Kometen ab. In der jetzigen Landeposition erreicht deutlich weniger Sonneneinstrahlung das Mini-Labor, als die Wissenschaftler geplant hatten. Die Instrumente laufen aber mit Solarstrom. Ohne Sonnenlicht keine Experimente.
Dennoch wäre die Mission nicht sofort vorbei, sagte am Freitagnachmittag Projektleiter Philippe Gaudon von der französischen Raumfahrtbehörde CNES. Wenn sich der Koment Tschuri der Sonne nähert, könnte "Philae" wieder genug Energie tanken, um Daten zu liefern. Dann jedoch nähert sich seine Dienstzeit dem Ende: Zu nah an der Sonne wird der Lander den Hitzetod sterben.
"Der Komet ist an dieser Stelle extrem hart"
Im Moment warten die Wissenschaftler auf Daten zum zehnten Experiment von "Philae", berichtet DLR-Sprecherin Braun. Alle Mitarbeiter des Kontrollzentrums hätten in den vergangenen Tagen kaum geschlafen, niemand wollte die Landung verpassen, niemand die neuen Messdaten und Bilder während der Kommunikationszeiten.
Beim letzten Kontakt startete das Kontrollteam den Bohrer des Instruments COSAC . Dieser soll Bodenproben gewinnen, die anschließend im Innern des Landers verbrannt werden. So wollen die Wissenschaftler mehr über die Zusammensetzung der Oberfläche erfahren. "Der Bohrer hat sich bewegt", berichtet Braun. Noch wissen die Forscher aber nicht, ob er tatsächlich Proben sammeln konnte. "Der Komet ist an dieser Stelle extrem hart." Auch die Daten des neunten Experiments könnten davon beeinflusst sein.
Das Experiment war nach hinten verschoben worden, denn seine Folgen waren schwer abzuschätzen. Weil "Philae" nicht wie geplant mit Schrauben und Harpunen im Boden verankert ist, hätte der Lander Brauns zufolge durch die Erschütterungen des Bohrers vom Kometen abheben können. Eingetreten ist das aber nicht. "Philae" steht sicher an seiner alten Position.

Landebereiche auf Tschuri: In der Region J, genannt Agilkia, sollte "Philae" zum Stehen kommen. Dort berührte sie auch den Kometen, prallte aber wieder ab. Die Forscher vermuten den Landeapparat nun in der Region B.
Foto: ESA/ Rosetta/ MPS for OSIRIS Team/ UPD/ LAM/ IAA/ SSO/ INTA/ UPM/ DASP/ IDADas kühlschrankgroße Mini-Labor "Philae" war am Mittwoch auf dem Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko, genannt Tschuri, gelandet, rund 510 Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Das Mutterschiff von "Philae" mit dem Namen "Rosetta" umkreist weiter den Kometen. Es hält die Funkverbindung zum Lander und leitet die Daten weiter zur Erde. Erst wenn es in Reichweite des Landers kommt, können Daten übertragen werden. Der Kontakt kann dann etwa drei bis vier Stunden aufrechterhalten werden
"Rosetta" legte in den vergangenen zehn Jahren rund 6,5 Milliarden Kilometer im All zurück. Die Sonde war mit "Philae" an Bord am 2. März 2004 mit einer Ariane-5-Rakete von der Weltraumstation Kourou in Französisch-Guayana in Südamerika gestartet. Die Mission soll bis Ende 2015 dauern. Auch wenn es den Forschern gelingt, das Energieproblem zu lösen, wird "Philae" seine Arbeit spätestens im März einstellen. Dann kommt der Komet der Sonne so nah, dass die Elektronik wegen der hohen Temperaturen ausfällt.