Kometenstaub Nasa jubelt über "Stardust"-Erfolg

Die perfekte Landung der Raumsonde "Stardust" hat die Nasa in einen Freudentaumel versetzt. Wie geplant brachte die Kapsel einen Behälter mit Partikeln aus einem Kometenschweif zur Erde. Die Nasa sieht bereits ein "goldenes Zeitalter der Planetenforschung" anbrechen.

Grund zur Freude hatte die Nasa nur selten in den vergangenen Monaten. Geradezu überschwänglich reagierte die US-Raumfahrtbehörde nun auf den glänzenden Abschluss der "Stardust"-Mission. "Das ist einer jener Momente im Leben, die so fantastisch sind, dass man es gar nicht glauben kann", sagte Ken Atkins, einer der Projektmanager. Charles Elachi, Direktor der Nasa-Zentrale in Pasadena, sprach gar von einem "zweiten goldenen Zeitalter in der Planetenforschung".

Die "Stardust"-Landekapsel trat am Sonntagvormittag mit einem langen Feuerschweif in die Erdatmosphäre ein - und stellte dabei gleich einen Weltrekord auf. Noch nie ist ein künstliches Objekt schneller in die Atmosphäre gestürzt als "Stardust" mit 46.444 Kilometern pro Stunde. Hitzeschilde schützten die Kapsel vor Temperaturen von bis zu 2700 Grad Celsius.

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"Stardust": Bilderbuchlandung in der Wüste

Foto: AP/ The Salt Lake Tribune

Anders als bei der Nasa-Raumsonde "Genesis", die im September 2004 mit Tempo 330 in Utah auf die Erde gekracht war, funktionierten die Fallschirme diesmal tadellos. Ein Hubschrauber fand "Stardust" mit Hilfe eines Peilsenders in der Wüste und transportierte sie zum US-Armeestützpunkt Dugway Proving Ground.

Die Landung war nicht das erste spektakuläre Manöver während der siebenjährigen Reise der "Stardust"-Sonde. Am 2. Januar 2004 flog sie in nur 240 Kilometern Entfernung am Kometen "Wild 2" vorbei und sammelte Material aus dessen Staub- und Gasschleier - eine riskante Aktion, denn die Nasa-Ingenieure fürchteten um die Sicherheit der Sonde. Sechsmal schneller als Gewehrkugeln prallten die Partikel auf den tennisschlägergroßen Kollektor der Sonde.

Ein Milligramm aus der Kinderstube des Sonnensystems

Hätte "Stardust" Schaden genommen, wäre auch anderes wertvolles Material der 168 Millionen Dollar (139 Millionen Euro) teuren Mission verloren gewesen. Während ihres 4,6 Milliarden Kilometer langen Rundflugs durch das Sonnensystem hat die Sonde drei Mal die Sonne umkreist und dabei auch interstellaren Staub gesammelt.

Rund eine Million Partikel, die laut Nasa nur etwa ein Tausendstel Gramm wiegen, brachte die "Stardust"- Landekapsel nun zur Erde. Wissenschaftler sind von dem winzigen Häuflein hingerissen, denn der 1978 entdeckte Komet "Wild 2" ist rund 4,5 Milliarden Jahre alt - und stammt damit aus der Frühzeit des Sonnensystems, das vor etwa 4,6 Milliarden Jahren entstanden ist.

Der fünf mal zehn Kilometer große Schweifstern sei wie eine kosmische Bibliothek, in der die Entstehung unseres Sonnensystems aufgezeichnet wurde, sagte Nasa-Forschungsleiter Don Brownlee. Die aus Eis und Gestein geformten Kometen seien so faszinierend, weil sie am äußersten Rand unseres Sonnensystems entstanden seien und "am besten das Ursprungsmaterial bewahrt haben, aus dem die Sonne, die Erde, die Planeten und wir selbst bestehen". Die wichtigste Frage sei deshalb: "Was ist das für ein Material?"

Knifflige Suche nach wertvollen Winzlingen

Einfach wird die Analyse des Kometenstaubs nicht: Bis zu zehn Jahre wird die Auswertung in Anspruch nehmen. Das Hauptproblem: Die Partikel sind so klein, dass sie mit bloßem Auge nicht zu erkennen sind. Außerdem stecken sie in einer Scheibe aus sogenanntem Aerogel. Das durchsichtige und extrem weiche Material hat es ermöglicht, die Partikel einzufangen, ohne dass sie beim Aufprall zerstört werden. Sie wieder herauszubekommen ist allerdings knifflig.

"Es ist erstaunlich, dass 'Stardust' losgeflogen ist, ohne dass irgendjemand wusste, wie man die Partikel nach der Rückkehr wieder aus dem Aerogel herausbekommt", sagte Andrew Westphal, stellvertretender Direktor des Raumfahrt-Laboratoriums an der University of California in Berkeley. "Man muss es der Nasa hoch anrechnen, dass sie dieses Risiko eingegangen ist."

Westphals Team hat in den sieben Jahren seit dem Start Werkzeuge und Techniken entwickelt, um die Staubteilchen aus der Aerogel-Scheibe herauszulösen. Ein Heer von Freiwilligen soll dabei helfen, mit einem virtuellen Mikroskop im Internet die winzigen Partikel aufzuspüren. Rund 30.000 Arbeitsstunden veranschlagt Westphal für die Freiwilligen, die speziell getestet und geschult werden. Der Lohn: Wer ein Korn entdeckt, darf dessen Namen aussuchen.

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