Kosmisches Leuchtspektakel Polarlichter wabern über Exoplaneten

Auf der Erde sorgen Sonnenstürme für faszinierende Polarlichter - auf fernen Planeten schüttelt das Phänomen gleich die ganze Atmosphäre durcheinander. Am Computer haben Astronomen simuliert, wie Partikelstürme furiose Leuchterscheinungen hervorrufen.
Fernes Leuchten (grafische Darstellung): Leuchtspektakel auch am Äquator

Fernes Leuchten (grafische Darstellung): Leuchtspektakel auch am Äquator

Foto: CfA/ David A. Aguilar

Das fragile Schauspiel ist von einer fast überirdischen Schönheit. Wer in den hohen Breiten der Erde das Leuchten des Polarlichts erlebt, der ist verzaubert. Während die märchenhaften Schleier über den Himmel huschen, kann man kurz vergessen, dass es für all das eine ganz und gar rationale Erklärung gibt: Geladene Teilchen des Sonnenwindes treffen auf das Magnetfeld unseres Planeten und werden dadurch zu den Polen abgelenkt. Dort treten die Partikel in die Atmosphäre ein - und bringen deren obere Schichten zum Leuchten.

Polarlichter gibt es freilich nicht nur bei uns. Auch auf dem Saturn sind sie zum Beispiel gut dokumentiert. Und Forscher vom Harvard-Smithonian Center for Astrophysics haben sich nun einmal angesehen, wie das Leuchtspektakel auf den Planeten ferner Sonnensysteme aussehen müsste. Die Astronomen um Ofer Cohen nahmen sich dabei eine ganz bestimmte Klasse von Exoplaneten vor. Die sogenannten Heißen Jupiter sind einerseits sehr schwer, andererseits kreisen sie sehr dicht an ihrem Zentralgestirn.

In Computersimulationen fanden die Forscher heraus, dass über den Gasplaneten gigantische Polarlichter auftreten müssen. Die irdische Ausgabe des Leuchtphänomens erscheint im Vergleich dazu läppisch, wenn die Berechnungen stimmen. Das ferne Leuchten fällt demnach bis zu tausend Mal heller aus als die Polarlichter auf der Erde. Außerdem erfasse das Spektakel wohl die gesamte Atmosphäre des Planeten bis zum Äquator - und nicht nur die hohen Breiten.

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Kosmisches Feuerwerk: Geheimnisvolle Polarlichter

Foto: ddp

In einer kommenden Ausgabe des Fachmagazins "The Astrophysical Journal"  berichten Cohen und seine Kollegen davon, wie mächtige Eruptionen auf dem Zentralgestirn auch die Atmosphäre des Planeten umwühlen. Hier bei uns können Paukenschläge von der Sonne Satelliten sowie Kommuniaktions- und Stromnetze empfindlich treffen. Aber der Atmosphäre als solcher können sie praktisch nicht gefährlich werden.

Das Leuchten wandert vom Äquator zu den Polen

Die Forscher wollten nun herausfinden, ob die Folgen auf einem Heißen Jupiter dramatischer wären. Immerhin würde der Teilchensturm eines Ausbruchs dort viel konzentrierter ankommen als Sonnenstürme bei uns - wegen des weit geringeren Abstandes. "Der Einfluss auf den Exoplaneten würde komplett anders sein als das, was wir in unserem Sonnensystem sehen", sagt Studien-Mitautor Vinay Kashyap - und zwar "viel gewaltiger".

Die Computermodelle legen nahe, dass ein furioser Auswurf des Zentralgestirns einen Ring von atmosphärischen Partikeln am Äquator des Planeten aufleuchten lassen würde. Die Lichterscheinungen würden sich dann innerhalb von einigen Stunden auflösen und in Richtung der Pole wandern. Doch selbst ein vergleichsweise schwaches Magnetfeld des Planeten würde dessen Atmosphäre offenbar grundsätzlich schützen. Verlorengehen würde diese nicht, so das Fazit der Forscher.

Die Erkenntnisse sind interessant für die Suche nach Planeten, auf denen es außerirdisches Leben geben könnte. Konkret geht es um Himmelskörper, die um sogenannte Rote Zwerge kreisen. Sterne dieses Typs sind recht klein - und kommen in der Milchstraße ausgesprochen häufig vor. Sie strahlen eher wenig Energie in ihre Nachbarschaft ab. Deswegen gehen Astronomen davon aus, dass mögliche Felsplaneten mit flüssigem Wasser - also Himmelskörper ähnlich der Erde - sehr dicht um diese Roten Zwerge rotieren müssen.

Damit wären sie potentiell stark von Eruptionen auf ihren Zentralgestirnen betroffen - gerade so, wie die Heißen Jupiter, die sich die Forscher angesehen haben. Die Astronomen wollen deswegen in weiteren Forschungen herausfinden, ob auch die Atmosphäre auf diesen Planeten ähnlich widerstandsfähig sein dürfte. Zu beobachten wären die Leuchtspektakel von der Erde allerdings nicht. Deswegen müssen Computervisualisierungen genügen - oder eben ein Blick aufs irdische Polarlicht.

chs
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