
Russische Raumfahrt: Neue alte Heimat
Russische Raumfahrt Die Kosmonauten fliegen auf die Krim
Noch bevor Präsident Wladimir Putin am 9. Mai dieses Jahres die Krim besucht hatte, war der Leiter der Raumfahrtagentur Roskosmos, Oleg Ostapenko, schon vor Ort. Gemeinsam mit dem Chef des Kosmonauten-Ausbildungszentrums "Juri Gagarin" im Sternenstädtchen bei Moskau, Juri Lontschakow, inspizierte er die kosmische Infrastruktur der Halbinsel, die zum Teil noch aus der Zeit des Fluges vonJuri Gagarin (1961) und der ersten Mond- und Marssonden stammt.
Erleichtert stellte Ostapenko am Ende seiner Reise fest: "Das Wichtigste ist, dass diese Infrastruktur funktionstüchtig ist." Er kündigte zugleich eine Prioritätenliste jener Objekte an, die der "russischen Raumfahrt weiter von Nutzen sein können", wie er sagte. Diese Liste ist zwar bislang nicht veröffentlicht, aber ein Objekt hat der Roskosmos-Mann offenbar ganz besonders im Blick: Das 1960 errichtete Zentrum für kosmische Fernverbindungen bei Jewpatorija.
Seine riesige 70-Meter-Antenne und acht 16-Meter-Antennen sicherten einst die Verbindung zuerst zu den "Venera"-Sonden und später dann auch zu Wissenschaftssatelliten wie "Meteor" sowie den "Sojus"-Raumschiffen und "Salut"-Raumstationen. Er könnte sich gut vorstellen, dieses Zentrum künftig auch für das Satellitennavigationssystem Glonass zu nutzen, sagte Ostapenko.
Neues altes Reha-Zentrum
Lontschakow träumt indes davon, dass seine Kosmonauten wie zu seligen Sowjetzeiten bald wieder ihr Überlebenstraining für eventuelle Wasserlandungen im Schwarzen Meer bei Feodossija absolvieren und sich nach ihrem Flug in den Krim-Kurorten von ihren Strapazen erholen können. Er hoffe auch, das einstige Kosmonauten-Rehabilitationszentrum, das bis zum Ende der UdSSR 1991 bei Jewpatorija bestanden habe, wieder eröffnen zu können. Denn das Meer habe einen "sehr günstigen Einfluss auf den Organismus nach einem Raumflug".

Jurij Gagarin: Nationalheld und Vorbild
Insider erinnern sich in diesem Zusammenhang wohl auch noch daran, dass es Militärärzte von der Schwarzmeerflotte aus Odessa waren, die Juri Gagarin im Oktober 1961 das Leben retteten, als er bei einem versuchten Seitensprung in einem Promi-Erholungsheim vom Balkon fiel und sich ein Schädel-Hirn-Trauma zuzog. Seither hatte der erste Kosmonaut der Welt eine nicht zu übersehende Narbe über der linken Augenbraue.
Akademie plant Krim-Zentrum
Auch andere Institutionen, die direkt oder indirekt mit der Raumfahrt zu tun haben, wollen sich wieder oder neu auf der Krim betätigen. So hat das Präsidium der Russischen Akademie der Wissenschaften (RAN) beschlossen, rund 30 der insgesamt etwa hundert wissenschaftlichen Einrichtungen der Halbinsel zu einem Krim-Wissenschaftszentrum zu vereinen.
Die Wissenschaft auf der Krim befinde sich in einem "hervorragenden Zustand", urteilte RAN-Präsident Wladimir Fortow. Die Leute seien voller Enthusiasmus, das Niveau der wissenschaftlichen Forschung sei hoch. Allerdings gebe es große finanzielle und Ausstattungsprobleme, bei deren Überwindung die Akademie nach Kräften helfen müsse und werde.
Der Direktor des astronomischen Hauptzentrums der RAN in Pulkowo, Alexander Stepanow, kann sich sogar vorstellen, die Krim zum "Zentrum der russischen Astronomie" zu machen.
Sowohl die praktische Raumfahrt als auch die Wissenschaft hoffen nun, von den etwa 30 Milliarden Dollar zu profitieren, die Moskau bis 2020 in die Entwicklung der Krim investieren will, um sie an das allgemeine Niveau Russlands heranzuführen. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht, wie aus der Branche zu hören ist, denn es geht hier immerhin auch um ein echtes Prestigeobjekt.