Mars-Vulkane Olympus Mons könnte noch aktiv sein
In der Tharsis- und der Elysium-Region des Mars liegt die Heimat gewaltiger Schildvulkane, die über Äonen das feurige Innere des Roten Planeten in die Kraterlandschaft spuckten. Olympus Mons, ein uralter Tharsis-Vulkan, ist mit einer Höhe von 24 Kilometern der mächtigste Berg im Sonnensystem und thront über der geologischen Unruheprovinz.
Bisher waren Forscher davon ausgegangen, dass die marsianischen Vulkane vor mindestens 100 Millionen Jahren für immer eingeschlafen sind. Doch neuste Ergebnisse der High Resolution Stereo Camera (HRSC) an Bord des europäischen "Mars Express"-Satelliten zeigen, dass die heißen Zeiten in den Vulkanregionen womöglich nicht nur viel länger andauerten, sondern sogar bis heute bestehen könnten.
Jüngste Lavaflüsse nur zwei Millionen Jahre alt
Auf einer Konferenz für Planetenforschung in den USA stellte Gerhard Neukum von der Freien Universität Berlin erstaunliche Ergebnisse vor: Die jüngsten Lavaflüsse an den Hängen von Olympus Mons sind erst zwei Millionen Jahre alt, sagte der Leiter des HRSC-Experiments auf der Tagung der American Astronomical Society in Louisville (US-Bundesstaat Kentucky).

Riesen-Vulkan: "Mars Express" schickt Bilder vom Olymp
Die Zeitspanne, die Nicht-Geologen wie eine Ewigkeit erscheinen mag, ist für die Experten nur ein Wimpernschlag in der Mars-Geschichte: Sie entspricht lediglich einem halben Promille des Planetenalters. Neukum gilt als Experte für die Altersbestimmung von Planetenoberflächen. Er nutzte den Effekt, dass alte Oberflächen stark durch Einschläge malträtiert sind, junge Landschaften dagegen kaum Zeit hatten, Meteoriten abzubekommen. Durch die Zählung und Größenbestimmung von Einschlagskratern können Fachleute zurückrechnen, wann eine Planetenlandschaft erstmals dem Meteoritenbombardement ausgesetzt wurde.
Gletschereis unterm Marsdreck
Je kürzer aber die betreffende Periode zurückliegt, desto ungenauer ist die Methode. Deshalb könnte die vulkanische Aktivität auf dem Mars etwas weiter in der Vergangenheit liegen - oder aber praktisch aus der Gegenwart stammen. Klar scheint, dass Olympus Mons über mehrere Milliarden Jahre bis sehr nah an die heutige Zeit aktiv war. Selbst wenn die aktivste Phase bereits hinter ihm liegt, halten es Fachleute für unwahrscheinlich, dass der Mars-Olymp nur noch den vulkanischen Ruhestand genießt.
Zudem ist der Vulkanismus nur ein Teil der neuen Entdeckungen. An den Hängen des Olympus Mons konnte das HRSC-Team bei der Analyse ihrer 3D-Bilder Spuren von Gletschern ausmachen. Immer wieder haben sich Eismassen über die Bergflanken geschoben, vermuten die Forscher. Die jüngsten datierten Gletscherformationen sind etwa so alt wie die jüngsten Lavaströme. Haben also einst Vulkaneruptionen Eis im Untergrund aufgeschmolzen und an die Oberfläche gedrückt?
Das bitterkalte Marsklima könnte die Eisreste in den Bergflanken bis heute unter einer Isolierschicht aus Dreck und Staub bewahrt haben. Eis scheint dort, wie an anderen Stellen der Marsoberfläche auch, durchaus im Untergrund vorzukommen. Dafür sprechen etwa verdächtige Ketten aus Trichtern im Gelände, die Planetologen mit geschmolzenem Bodeneis und dem nachfolgenden Einsturz des Deckmaterials erklären.
Schlechte Nachrichten für Mars-Mikroben
Doch der Zusammenhang zwischen Vulkanismus und Mars-Gletschern ist umstritten. Viele Forscher machen periodische Klimawechsel für die eisigen Zeiten verantwortlich. Sie verweisen auf Modellrechnungen, nach denen die Neigung der Mars-Achse und seine Entfernung zur Sonne immer wieder schwanken. Beide Parameter, die durch Störkräfte anderer Planeten beeinflusst werden, wirken auf das Marsklima.
Sollte es tatsächlich noch aktive Vulkane auf dem Mars geben, wäre das eine schlechte Nachricht für die Anhänger der Theorie, dass bis heute Mikroben auf dem Roten Planeten hausen. Zu Jahresbeginn hatte "Mars Express" Methan in der Gashülle des Planeten entdeckt. Manche Fachleute werteten das prompt als Beweis für die Existenz von Leben. Denn in der heutigen Marsatmosphäre wäre das gesamte Methan in wenigen Hundert Jahre zersetzt, so dass irgendein Prozess es beständig nachliefern muss. Verdauungsfreudige Mikroben seien eine mögliche Erklärung, meinte etwa Vittorio Formisano, Chefforscher am planetaren Fourier-Spektrometers) an Bord von "Mars Express".
Immerhin scheint die Existenz des organischen Gases in der dünnen Atmosphäre nach anfänglicher Diskussion nun weitgehend akzeptiert. Insgesamt drei Wissenschaftler-Teams konnten unabhängig voneinander den Fund bestätigen, darunter zuletzt Michael Mumma vom Goddard-Zentrum der Nasa, der seine Resultate ebenfalls in Louisville präsentierte. Und das starke Klimagas macht rasant Karriere: Nun wird auch Methan für die offensichtlichen Wetterkapriolen auf dem Mars verantwortlich gemacht. Reichlich Arbeit für die kommende Generation von Forschungssonden.