
"Phobos-Grunt": Sag zum Abschied leise "Do swidanja"
Marssonde "Phobos-Grunt" Russen verdächtigen US-Radar als Absturzursache
Moskau - Die russische Raumfahrt scheint vom Pech verfolgt: Fünf der 32 Starts in den vergangenen Monaten endeten in spektakulären Fehlschlägen. Vor einigen Tagen raunte der Chef der russischen Raumfahrtagentur Roskosmos bereits von einer Verschwörung ausländischer Mächte. Jetzt stellen russische Experten eine Theorie über den Absturz der Marsmond-Sonde "Phobos-Grunt" vor, die in eine ähnliche Richtung weist: Sie halten es offenbar für denkbar, dass eine amerikanische Radarstation die teure Panne mit ausgelöst haben könnte.
Die Strahlung könnte beispielsweise die Elektronik an Bord oder die Kommunikation mit der Sonde gestört haben, hieß es. Mit einem aufwendigen Experiment soll diese Theorie nun untersucht werden. Man werde Messgeräte, wie sie auch an Bord des Flugkörpers waren, in einem Labor in Moskau Radarstrahlung aussetzen, kündigte Juri Koptew von der staatlichen Untersuchungskommission am Dienstag an.
Vize-Regierungschef Dmitri Rogosin nannte die Theorie plausibel, dass eine US-Radaranlage auf den Marshall-Inseln die Instrumente der Sonde beeinflusst haben könnte. "Falls sich dies bestätigt, würden wir technische und politische Konsequenzen ziehen", sagte er.
Radar-Theorie stößt auf Skepsis
Auch der Forscher Alexander Sacharow erklärte, dass die rund 13,5 Tonnen schwere Sonde nach dem Start vom Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan am 9. November 2011 (Ortszeit) von dem Radar fehlgeleitet worden sein könnte. "Es ist aber nur eine Version, wir legen den Untersuchungsbericht Ende Januar vor", sagte Sacharow nach Angaben der Nachrichtenagentur Interfax. Rogosin schloss auch einen Konstruktionsfehler als Grund für den Absturz der 120 Millionen Euro teuren Raumsonde nicht aus.
Bei anderen Fachleuten stößt die Radar-Theorie allerdings auf Skepsis. "Vor dem Start wird ein Flugkörper scharfen Umwelttests ausgesetzt", sagte ein Experte des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) zu SPIEGEL ONLINE. Neben großer Kälte und Hitze werde dabei auch die harte Weltraumstrahlung simuliert. Dass ein Flugkörper, der diese Tests übersteht, von einer weit entfernten Radaranlage zum Absturz gebracht wird, erscheine äußerst unwahrscheinlich.
Nach offiziellen Angaben sind die Trümmer von "Phobos-Grunt" am Sonntagabend MEZ rund 1250 Kilometer westlich der im Süden Chiles gelegenen Insel Wellington ins Meer gefallen. Die Raumsonde sollte eigentlich bis 2014 den Marsmond Phobos erforschen und Proben zur Erde bringen. Wegen einer Triebwerksfehlfunktion kam sie aber nicht über die Erdumlaufbahn hinaus. Mit der ersten interplanetaren Mission seit 15 Jahren wollte Russland nach mehreren Rückschlägen wieder international Eindruck machen.