Methan auf dem Mars Gas-Ausbrüche könnten von Lebewesen stammen
Die Zahlen klingen beeindruckend: 19.000 Tonnen schwer war die Methan-Wolke, die Nasa-Forscher auf dem Mars entdeckt haben. Sieben Jahre lang hatten sie den Roten Planeten mit erdgebundenen Teleskopen beobachtet und dabei zum Teil starke saisonale Schwankungen der Methankonzentration in der Atmosphäre gemessen. So bemerkten sie 2003 während des Sommers auf der Mars-Nordhalbkugel sowie im Mars-Frühling 2006 große Methanausbrüche.
"Die große Frage ist, woher das Methan auf dem Mars stammt", sagte Michael Mumma vom Goddard Space Flight Center der Nasa. "Wir kennen das Alter des Methans nicht, das wir entdeckt haben." Es könne bereits sehr alt oder gerade erst entstanden sein. Das Gas könne geochemischer Natur oder biologischen Ursprungs sein, schreiben die Forscher im Fachmagazin "Science".
Auf der Erde sind 90 Prozent des atmosphärischen Methans bei biologischen Prozessen entstanden. Es bildet sich unter anderem beim Verfaulen organischer Stoffe unter Luftabschluss (Sumpfgas), wird aber auch von Bakterien im Verdauungstrakt von Rindern erzeugt. Der Rest des irdischen Methans stammt aus geochemischen Quellen. Wegen steigender Temperaturen wird Methan auch von den Dauerfrostböden im hohen Norden freigesetzt - eine große Gefahr für das Klima der Erde.
Biologische Prozesse schon länger diskutiert
Die Methanwolken auf dem Mars sind offenbar im Sommer entstanden, als sich Oberfläche und Atmosphäre aufgewärmt haben, schreiben Mumma und seine Kollegen. Der Planet ist halb so groß wie die Erde und nähert sich ihr bis auf 56 Millionen Kilometer. Da die Marsachse ähnlich geneigt ist wie die irdische, gibt es auch auf dem Nachbarplaneten Jahreszeiten. Die Temperaturen schwanken etwa zwischen minus 125 und plus 35 Grad Celsius. Die Nasa-Forscher hoffen, das Methan-Rätsel in Zukunft lösen zu können: Man müsse versuchen, die Herkunft des Gases durch weitere Untersuchungen zu identifizieren, schreiben sie in "Science".
Methan war erstmals im Jahr 2004 in der Mars-Atmosphäre entdeckt worden. Im gleichen Jahr zeigten Daten der Esa-Sonde "Mars Express" eine verdächtige Überlappung von Wasserdampf und Methan. "Biologische Prozesse werden seit Langem als eine der möglichen Ursachen des Methans auf dem Mars diskutiert" sagte Diedrich Möhlmann im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE, "und sie sind durchaus im Rahmen des Möglichen". Der Professor forscht am Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).
Entstanden bei photo-katalytischen Prozessen?
Das Methan könnte laut Möhlmann aus kleineren Ausbrüchen stammen, aber auch Folge von Kometeneinschlägen sein. Die beobachtete zeitliche Variation der Methankonzentration in der Atmosphäre spreche jedoch eher gegen derartige Quellen. Als weitere Ursache kämen photo-katalytische Prozesse in Frage, angetrieben von UV-Licht. Diese könnten einsetzen, "sobald das im Winter als Eis gebundene Wasser bei Erwärmung frei- und chemisch reaktionsfähig wird". Der DLR-Planetenforscher empfiehlt Laborexperimente auf der Erde und Messungen auf dem Mars, um die Herkunft des Gases endgültig zu klären.
Der italienische Planetenforscher Vittorio Formisano hat bereits 2005 ein weiteres Indiz für Leben auf dem Mars entdeckt: Formaldehyd. "Formaldehyd ist in der Marsatmosphäre zehn bis zwanzig Mal höher konzentriert als Methan", erklärte Formisano damals gegenüber SPIEGEL ONLINE. Das Gas könne sich in der Atmosphäre des Mars nicht länger als 7,5 Stunden halten und müsse deshalb stetig nachproduziert werden - durch Oxidation von Methan. Nach Formisanos Berechnungen müssten auf dem Planeten jährlich 2,5 Millionen Tonnen Methan entstehen. Dies ist nach Meinung des italienischen Forschers nur durch biologische Prozesse möglich.
Wissenschaftler haben in den vergangenen Jahren bereits Dutzende Raumsonden zum Mars geschickt, unter anderem die Rover "Spirit" und "Opportunity". Mehrmals konnte dabei Wasser nachgewiesen werden - zuletzt durch den Nasa-Lander "Phoenix". Die nächste große Mission soll 2011 starten: der Rover "Mars Science Laboratory". Vielleicht kann der Roboter die Frage nach Leben auf dem Mars klären.