Der Himmel über Queensland in Australien in einer Nacht Ende Februar. Was hier verglüht, ist kein Meteor – sondern Weltraumschrott. Selten wird auf der Erde so deutlich ein Problem sichtbar, das sonst nicht im Blickfeld ist: Im Orbit sammelt sich menschengemachter Schrott.
Christoph Seidler, DER SPIEGEL:
»Man kann durchaus von einer Müllhalde in der Erdumlaufbahn sprechen oder in den Erdumlaufbahnen. Und das Gefährliche daran ist, dass diese Müllteilchen eben immer mehr werden können.«
Seit dem Beginn der Raumfahrt sind etwa 6000 Raketen ins All geflogen. Sie haben über 10.000 Satelliten in die Erdumlaufbahnen gebracht. Problematisch sind vor allem jene Teile, die über Jahrzehnte unkontrolliert um die Erde kreisen. Immer wieder kommt es zu Kollisionen. Forscher fürchten einen Schneeballeffekt.
Christoph Seidler, DER SPIEGEL:
»Dadurch, dass die Zahl der Teile größer wird, gibt es dann auch wieder mehr Kollisionen, dann gibt es wieder mehr Schrottteilchen und so weiter, und so weiter. Und das könnte im Extremfall sogar dazu führen, dass irgendwann die Menschheit gar nicht mehr ins All fliegen könnte, weil sie von einem Schirm aus um die Erde herumrasenden Schrottteilchen eingefangen wäre, die jeglichen Versuch, die Erde mit Raketen zu verlassen, beenden würde, indem es sozusagen jedes Mal knallt. Das wäre das Extremstszenario, das will natürlich niemand.«
Mittlerweile wird die Entsorgung bei Weltraummissionen mit eingeplant. Mit ihrer letzten Restenergie werden Flugkörper Richtung Erdatmosphäre gesteuert, wo sie dann zeitnah verglühen. Doch das reicht nicht, um einen exponentiellen Anstieg der Schrottmassen zu verhindern.
Christoph Seidler, DER SPIEGEL:
»Die Idee ist tatsächlich mit eigenen Satelliten dort hochzugehen und Schrott einzufangen. Und so ein paar kleine Demonstration für Technologien hat es da schon gegeben, mit Netzen, mit Harpunen. Aber sagen wir mal, das ist bis jetzt alles in einem sehr experimentellen Maßstab. Mit dem, was die ESA da jetzt vorhat, geht sie zumindest einen kleinen Schritt weiter, wagt sich an ein etwas größeres Objekt ran.«
Die Europäische Raumfahrtorganisation ESA hat die Mission »ClearSpace-1« auf den Weg gebracht. 2025 soll ein neuartiger »Abschleppwagen« in den Orbit starten. Mit einem Greifarm könne dieser Schrottteile einsammeln und in eine niedrige Erdumlaufbahn bringen, so die ESA. Dort verglühe dann die Müllabfuhr zusammen mit dem Weltraumschrott.
Christoph Seidler, DER SPIEGEL:
»Diese Dinger, wenn man das ernsthaft betreibt, kosten richtig viel Geld. Und wenn man jetzt als Raumfahrtorganisation sagt: ›Ich habe viel Geld. Starte ich damit eine neue Mission oder räume ich einen Teil des Mülls weg, den ich mit anderen Missionen kreiert habe?‹ Dann ist natürlich die Versuchung auch erst groß. Da hat man lieber mal was Neues, als sich um den alten Krempel zu kümmern.«
Die Zeit zum Aufräumen wird knapp: Die private Raumfahrt boomt, immer mehr Raketen werden jedes Jahr ins All geschossen. Eine gute Nachricht gibt es trotzdem: Angst, dass uns der Abfall aus dem Weltraum buchstäblich auf den Kopf fällt, müssen wir nicht haben.
Christoph Seidler, DER SPIEGEL:
»Auf der Erde sind wir keinesfalls durch Weltraumschrott gefährdet. Es müsste schon richtig, richtig dumm laufen, um da mal was abzubekommen. Es ist im Grundsatz eigentlich auch nicht so richtig bekannt, dass es da mal Schäden gegeben hat. Also selbst wenn da mal Satelliten bis hier runterkommen sollten, dann ist die Wahrscheinlichkeit immer noch ziemlich groß, dass sie irgendwo in den Ozean platschen und kein Mensch kriegt es mit.«