"Ich bin baff, ich bin erstaunt", sagte Steve Squyres, wissenschaftlicher Leiter der Rover-Mission, angesichts der Fotos des zweiten Marsvehikels "Opportunity". Keine andere Landestelle ähnelte der weiten Ebene Meridiani Planum, in der die Schwestersonde von "Spirit" niedergegangen war. Besonders angetan zeigte sich der Forscher von der hellen Gesteinsformation, die direkt vor den Kamera-Augen des Rovers aus dem dunklen Marssand hervorlugte.
Nach eingehender mineralogischer und chemischer Analyse des Gesteins in den letzten Wochen scheint nun klar, dass Squyres spontane Begeisterung berechtigt war. Wie SPIEGEL ONLINE aus Kreisen der US-Raumfahrtbehörde erfuhr, handelt es sich bei der Felsformation um Sedimente, die definitiv in einem stehenden Gewässer gebildet wurden.
Erster Verdacht bestätigt
Die "Smoking Gun", der unumstößliche Beweis für die Existenz vergangener Fluten auf dem Mars, sei eine in den Steinen entdeckte Sulfatverbindung, die nur in der Umgebung von Wasser gebildet werden könne.
Bereits die ersten Nahaufnahmen der Formation hatten den Verdacht der Planetologen genährt, dass die Gesteine durch Sedimentation, also durch Ablagerung, entstanden sein könnten. Die einzelnen Schichten waren auf den hoch auflösenden Schnappschüssen der Panorama-Kamera von "Opportunity" klar auszumachen. Einen wichtigen Beitrag bei der Entdeckung dürfte das Mößbauer-Spektrometer "Mimos II" des Mainzer Physikers Göstar Klingelhöfer gespielt haben, das für die mineralogische Analyse eisenhaltiger Marsgesteine zuständig ist.
Durchbruch mit deutschen Instrumenten
Schon am 9. Februar hatten deutsche Mitglieder der Rover-Forschertruppe überraschende Ergebnisse ihres APXS-Instrumentes ("Alpha Particle X-Ray Spectrometer") gemeldet. Danach hatten Analysen mit dem Spektrometer in einem hellen Felsen mit dem Namen "Robert E" weitaus höhere Gehalte an Zink und Schwefel ergeben als bei allen bisher untersuchten Marsbrocken. "Dies deutet darauf hin, dass der Stein eine verfestigte, salzhaltige Ablagerung und nicht vulkanischen Ursprungs ist", erklärte ein Mitarbeiter des Max-Plack-Instituts für Chemie, wo das APXS-Spektrometer gebaut wurde.
Aber auch wenn nicht-vulkanische Prozesse mehr und mehr favorisiert wurden: Bis in die vergangene Woche betonten Nasa-Forscher immer wieder, dass verschiedene Entstehungsmechanismen - auch Varianten ohne den Einfluss von flüssigem Wasser - für die Gesteinsbildung an "Opportunitys" Landestelle denkbar seien. Jetzt, so scheint es, hat jedoch flüssiges Wasser das Rennen gemacht.
Damit hätte der US-Rover vom Boden aus bestätigt, was die europäische Sonde "Mars Express" bereits aus dem Orbit erkannt hatte: Ende Januar hatten Esa-Wissenschaftler die atemberaubenden Bilder vom Roten Planeten als eindeutigen Beweis gewertet, dass auf dem Mars einst Flüsse und Meere existierten.
SPIEGEL+-Zugang wird gerade auf einem anderen Gerät genutzt
SPIEGEL+ kann nur auf einem Gerät zur selben Zeit genutzt werden.
Klicken Sie auf den Button, spielen wir den Hinweis auf dem anderen Gerät aus und Sie können SPIEGEL+ weiter nutzen.
Falschfarbenbild des Felsbrockens mit dem Spitznamen "Cold Mountain", aufgenommen vom Marsrover "Opportunity": Seltsame Kügelchen überziehen den Boden nahe des Grundgestein-Aufschlusses
"Cold Mountain" mit analysiertem Ausschnitt (grau): Scharfer Blick auf drei Zentimeter breites Felsstück
"Cold Mountain" aus der Nähe: Faszinierende Nahaufnahme des Mars-Gesteins
Angebohrter Felsen "Adirondack", fotografiert vom Marsrover "Spirit": Zum ersten Mal überhaupt fräste ein Roboter Marsgestein.
Schwerstarbeit: Drei Stunden dauerte die Bohrung des 45 Millimeter breiten und 2,6 Millimeter tiefen Lochs.
Schleifspuren in der Nahaufnahme: Die Analyse der Bohrloches soll Hinweise auf die geologische Beschaffenheit des Planeten liefern.
Marsianisches Flussbett: Nach Meinung der Esa-Wissenschaftler hinterließ Wasser die dunklen Sedimente
Staub-Kaskade: Sand wird vom Marswind in einen Krater geweht
Landeplatz: Das Zentrum des Gusev-Kraters Gusev mit der Landestelle des Nasa-Rovers "Spirit" (Kreuz), aufgenommen von der HRSC-Kamera an Bord von "Mars Express".
Goldene Schluchten: Das Gebiet befindet sich südlich der Schluchten des Valles Marineris, des größten Canyons im Sonnensystem.
"Mars Express"-Bild aus 275 Kilometern Höhe südlich des Valles Marineris. Das Gebiet ist 50 Kilometer breit
Dunkle Spuren: Der Kanal namens Reull Vallis wurde nach den Erkenntnissen der Esa-Forscher von Wasser geformt, welches auch die dunklen Sedimente angeschwemmt habe. Das Bild zeigt ein Gebiet von 100 Kilometer Breite.
Zerklüfteter Mars: Das Bild zeigt den Ausschnitt eines 1700 Kilometer langen und 65 Kilometer breiten Canyons
3D-Aufnahme: Die insgesamt zehn Kanäle der HRSC-Kamera erlauben das Errechnen dreidimensionaler Mars-Reliefs
Premiere: Das erste Bild von "Mars Express", veröffentlicht am 19. Januar, machte Appetit auf mehr