Nasa-Theorie "Columbia" von Meteorit abgeschossen?
Die Ermittler der US-Raumfahrtbehörde Nasa ziehen auch eine Kollision als Ursache des "Columbia"-Unglücks in Betracht: Ein Meteorit oder Weltraumschrott könnte auf das Shuttle geprallt sein.
Die Theorie, ein Stück Schaumstoff könnte den Hitzeschild der "Columbia" beschädigt und damit die Katastrophe ausgelöst haben, hat die Nasa-Ermittler offenbar nicht restlos überzeugt. Die US-Raumfahrtbehörde untersucht einem Bericht der "Los Angeles Times" zufolge auch ein alternatives Szenario, wonach die Fähre von einem Meteoriten oder Weltraumschrott getroffen wurde.
"Das ist eine Möglichkeit", bestätigte Milt Heflin. Nach Angaben des Nasa-Flugdirektors befindet sich die Einschlagtheorie auf einer Liste potenzieller Unglücksursachen, die Ermittler in den letzten Tagen erstellt haben. Als wahrscheinlichste Erklärung gilt allerdings nach wie vor das Trümmerteil, das sich beim Start von der Isolierung des Außentanks löste und auf die linke Tragfläche prallte.
Anhand von Videoaufnahmen haben Mitarbeiter der Raumfahrtbehörde berechnet, dass dieses Stück Schaumstoff nicht größer als 40 mal 50 Zentimeter und kaum schwerer als 1,2 Kilogramm gewesen sein kann. Schon während des Fluges der "Columbia" hatten Ingenieure des so genannten Mission Evalution Room abgeschätzt, welcher Schaden durch den Aufprall entstanden sein könnte.
Ein am zwölften Missionstag angefertigter Bericht kam zu dem Schluss, dass der Schaumstoff durchaus zu einer "großen Schadensfläche" geführt haben könnte. Als Worst-Case-Szenarien galten eine herausgeschlagene Hitzeschutzkachel nahe der Einstiegsluke oder der Verlust mehrerer Kacheln in einem Bereich von 18 mal 76 Zentimeter. Analysen auf Basis dieser Annahmen ergaben jedoch, so das Memo, dass keine Gefahr für die Flugsicherheit bestehe.
Diese Interpretation will die Nasa nicht ohne weiteres fallen lassen, zumal die Shuttle-Hitzeschilde schon bei früheren Missionen Schäden erlitten hatten, ohne dass es zur Katastrophe kam. Deshalb ziehen Ingenieure der Raumfahrtbehörde in Betracht, dass eine Kollision mit Weltraumtrümmern den Schutzpanzer auf fatale Weise verletzt haben könnte.
Allerdings fehlen für einen solchen Zusammenstoß nicht nur konkrete Hinweise, es gibt auch Indizien, die gegen diese Theorie sprechen. Einerseits führen Nasa und Air Force vor jedem Shuttle-Flug eine Analye möglicher Kollisionsgefahren durch, wie ein ehemaliger Nasa-Mitarbeiter der "Los Angeles Times" bestätigte. Überdies bewegte sich die "Columbia" in relativ niedriger Höhe, wo Weltraumschrott schnell verglüht und deshalb selten ist. Und schließlich wäre ein derartiger Aufprall, so glauben Experten, kaum unbemerkt geblieben.
Ob nun ein Weltraum-Zusammenstoß oder aber das beim Start abgefallene Trümmerteil den Shuttle-Absturz verursachte - in beiden Fällen spielt der Hitzeschild eine zentrale Rolle. Und dass der Kachelpanzer besonders verwundbar ist, wusste die Nasa spätestens seit 1994: Damals veröffentlichte Paul Fischbeck von der Carnegie Mellon University zusammen mit Kollegen eine Untersuchung zu Schäden, die bei den ersten 50 Shuttle-Missionen aufgetreten waren.
Dem Bericht zufolge wurden bei den Flügen von 1981 bis 1992 im Durchschnitt 25 Hitzekacheln pro Start beschädigt. Fischbeck und seine Kollegen betonten, dass besonders der Verlust von Kacheln an der Unterseite der Raumfähre katastrophale Folgen haben könne. Als kritischen Bereich hatten die Forscher auch den Fahrwerksschacht ausgemacht - jene Stelle der "Columbia", an der nach Nasa-Angaben in den letzten Minuten vor Abbruch des Funkkontakts ein auffälliger Temperaturanstieg registriert wurde.
Fischbeck wies jetzt darauf hin, dass die Raumfähre zu dem Zeitpunkt, als der Schaumstoff auf den Flügel fiel, bereits mit rund 3000 Kilometer pro Stunde gen Himmel schoss - der Aufprall könnte deshalb einen erheblichen Schaden angerichtet haben. Der Wissenschaftler warnte jedoch vor voreiligen Schlussfolgerungen: Immerhin hätte die Nasa, so Fischbeck, den Bericht von 1994 beherzigt und Verbesserungen am Shuttle vorgenommen.
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