Rätselhafte Signale Radioblitze künden von kosmischen Extremen

Schnelle Radioblitze am Nachthimmel (künstlerische Darstellung): Die Signale wurden vom Parkes-Radioteleskop gemessen
Foto: MPIfR/C. Ng; Science/D. ThorntonVor sechs Jahren fing ein Radioteleskop ein seltsames Signal auf. Ein kurzer Strahlungsausbruch im Radiobereich, der im Bruchteil eines Blinzelns schon vorbei war - und sich nicht wiederholte.
"Keiner wusste, was das war, oder ob es sich überhaupt um ein kosmisches Signal handelte. So haben wir in den vergangenen vier Jahren nach weiteren kurzen Radioblitzen gesucht", sagt Dan Thornton von der Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation (CSIRO) im australischen Sydney. Jetzt berichtet ein internationales Forscherteam im Fachmagazin "Science" von insgesamt vier Radioblitzen, die mit Hilfe des Radioteleskops von CSIRO bei Parkes (Australien) registriert wurden.
Die Wissenschaftler nehmen an, dass die Radioblitze weit gereist sind. Ihren Ursprung vermuten sie in einer Zeit, als das Universum sechs bis neun Milliarden Jahre alt war. Die weite Reise lässt sich aus bestimmten Eigenschaften der Strahlung herauslesen. Doch was ist ihr Ursprung?
Todesbotschaft eines Neutronensterns
Im Prinzip ähneln die kurzzeitigen Radiostrahlungsausbrüche (Fast Radio Bursts, FRBs) den kurzen Ausbrüchen, die schnell rotierende Neutronensterne aussenden. Doch solche Strahlenblitze kommen eigentlich nicht isoliert vor, im Gegenteil. Man nennt diese Himmelskörper auch Pulsare, weil ihre Blitze von der Erde aus in regelmäßigen Abständen wahrgenommen werden.
Als Urheber der nun entdeckten, isolierten Blitze scheiden sie also erst einmal aus. "Die Quellen dieser Signale sind ohne Frage exotisch", schreibt James Cordes von der Cornell University in Ithaca (US-Bundesstaat New York) in einem Begleitartikel in "Science" . Zu den üblichen Verdächtigen zählten beispielsweise Schwarze Löcher, Supernovae und verschmelzende Neutronensterne.
In einem Fachartikel, der bei der Fachzeitschrift "Astronomy & Astrophysics" eingereicht wurde, vermuten zwei Wissenschaftler, dass besonders massereiche Neutronensterne die kurzen Radioblitze aussenden. Warum sie das nur einmal tun? Es passiert der These zufolge, wenn die Sterne zu einem Schwarzen Loch kollabieren.
Neutronensterne sind die Sternenüberreste nach einer Supernova - und in jeder Hinsicht extrem: Mit einem Durchmesser von nur rund 20 Kilometern verfügen Neutronensterne meist über die Masse von 1,5 bis 2 Sonnen. Und weil das noch nicht reicht, rotieren sie extrem schnell und besitzen ein sehr starkes Magnetfeld.
Normalerweise müsste bei ihrem Kollaps auch Röntgen- und Gammastrahlung freigesetzt werden. Doch die Forscher nehmen an, dass sehr massereiche Neutronensterne ihre Umgebung völlig von sonst noch vorhandener Restmaterie freigeräumt haben. Außerdem schluckt auch das Schwarze Loch selbst bei seiner Entstehung diese Strahlen.
Häufige Signale
Die Radiowellen wiederum entstehen wegen des Magnetfelds des sterbenden Neutronensterns. "Einsteins Relativitätstheorie erlaubt keine Magnetfelder, die durch den Ereignishorizont eines Schwarzen Lochs gehen. Also muss der Neutronenstern diese kurz vor seinem Tod loswerden", sagt Heino Falcke von der Radboud Universität Nijmegen, einer der Studienautoren. "Wenn das Schwarze Loch entsteht, werden die Magnetfeldlinien vom Stern abgeschnitten und reißen wie gespannte Gummibänder." Dieser Prozess könnte die beobachteten gewaltigen Radioblitze erzeugen.
Obwohl Astronomen in den vergangenen sechs Jahren nur vier solcher Ereignisse aufgenommen haben, vermuten sie, dass diese alles andere als selten sind. Ihren Berechnungen zufolge könnten am Tag bis zu 10.000 solcher Radioblitze am Firmament zucken. Dass bisher so wenige beobachtet wurden, liegt daran, dass die bisherigen Radioteleskope nur winzige Ausschnitte des Himmels beobachten.
"Die Strahlungsausbrüche sind zehnfach kürzer als ein Blinzeln mit unseren Augen. Mit unseren gegenwärtigen Teleskopen müssen wir schon Glück haben, dass wir zur richtigen Zeit in die richtige Richtung am Himmel blicken", sagt Michael Kramer vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn. Mit zukünftigen Teleskopen, wie etwa dem Square Kilometre Array (SKA), werden Astronomen wahrscheinlich eine Vielzahl dieser Blitze registrieren.