

Der Rote Planet - das ist für die Strategen bei der Nasa schon lange das eigentliche Ziel. Endlich wieder in eine Welt vordringen, die zuvor noch kein Mensch betreten hat. Allerdings wäre der Aufwand sehr hoch: Der Hinflug allein dauert mindestens sechs Monate. Die Astronauten müssten zudem mehr als ein Jahr auf dem Mars bleiben, bis die Konstellation der Planeten wieder einen zügigen Rückflug erlaubt.
Zwei Forscher schlagen nun eine neue Route zum Mars vor, die zumindest die Kosten deutlich senken könnte. Zudem sei die Flugbahn weniger riskant und ermögliche flexiblere Starts, schreiben Francesco Topputo und Edward Belbruno in einem Artikel, der im Fachblatt "Celestial Mechanics and Dynamical Astronomy" erscheinen soll.
Bei bisherigen Flügen zum Mars haben unbemannte Raumschiffe den sogenannten Hohmann-Transfer genutzt. Dabei gibt es nur ein kleines Zeitfenster für den Start. Erde und Mars müssen in einer bestimmten Konstellation zueinander stehen, damit das Raumschiff sechs Monate nach dem Start genau am Roten Planeten ankommt. Diese Konstellation gibt es nur alle zwei Jahre, was Flüge zum Mars stark einschränkt.
Der Hohmann-Transfer erfordert zudem ein rasantes Bremsmanöver des Raumschiffs, weil dieses schneller durchs All rast als der Mars. Zum Abbremsen nutzen Raumschiffe ihre Düsen, was viel Treibstoff erfordert und die Missionskosten erhöht. Die von Topputo und Belbruno vorgeschlagene Flugbahn käme ganz ohne Bremsmanöver aus und könnte so bis zu 25 Prozent Treibstoff einsparen.
"Das eröffnet uns neue Perspektiven", sagt James Green von der Planetary Science Division der Nasa dem Magazin "Scientific American". Man könne mit der Methode Ressourcen und Geld sparen, genau danach habe man immer gesucht.
Neue Methode: Ballistisches Einfangen
Der sogenannte Niedrig-Energie-Transfer unterscheidet sich beim Start von der Erde kaum vom Hohmann-Transfer. Die Flugzeit würde sich sogar leicht verlängern. Doch der Anflug funktioniert anders. Das Raumschiff wird nicht direkt zum Mars geschossen, sondern quasi gelupft. Es fliegt langsamer als der Rote Planet vor diesem durchs All. Der Mars nähert sich von hinten und fängt das Raumschiff mit seiner Schwerkraft ein. Die Forscher nennen das Verfahren Ballistic Capture (Ballistisches Einfangen).
Völlig neu ist die Methode allerdings nicht. Bereits 1991 nutzte sie die japanische Sonde "Hiten" bei einem Flug zum Mond. Belbruno hatte schon damals die dafür nötigen Berechnungen durchgeführt. Er versuchte auch, ein ähnliches Manöver für Mars-Flüge zu entwickeln. Doch der Mars bewegt sich deutlich schneller als der Mond, was die Kalkulationen erschwerte. "Ich gab das Ganze auf", berichtete der Forscher. Doch dann habe er sich vor Kurzem wieder mit dem Problem beschäftigt und schließlich doch eine Lösung gefunden.
Das ballistische Einfangen würde auch die Risiken einer Marsmission verringern, denn das Raumschiff müsste bei der Annäherung an den Roten Planeten nicht mehr punktgenau abbremsen. Vor allem aber die größere Flexibilität bei den Starts dürfte die Nasa-Experten begeistern. Starts müssen immer wieder wegen technischer Probleme verschoben werden. Wer ein enges Zeitfenster wie bei Flügen zum Mars verpasst, muss mehr als zwei Jahre warten, bis die Planetenkonstellation wieder stimmt.
Die neue Route ermöglicht im Prinzip regelmäßige Zubringerflüge zum Mars. Man könne Ausrüstung zum Mars schicken, bevor sich Menschen auf den Weg machten, erklärt Belbruno. Womöglich würden zunächst Roboter den Roten Planeten bevölkern. Schließlich macht ihnen die starke kosmische Strahlung während des langen Flugs nichts aus.
"Ich dachte erst, dass der 1991 gefundene Weg zum Mond die einzige Anwendung meiner Theorie ist", sagt Belbruno. Nun denkt die Nasa darüber nach, die neue Route zum Mars zu testen, wie James Green sagt. Dies könne in den 2020er-Jahren geschehen.
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Ziel Roter Planet: Bei bisherigen Flügen zum Mars haben unbemannte Raumschiffe den sogenannten Hohmann-Transfer genutzt. Mars und Erde müssen in einer bestimmten Konstellation zueinander stehen, damit das Raumschiff etwa sechs Monate später sein Ziel erreicht.
Mögliche Basis auf dem Roten Planeten (Zeichnung): Eine Marsmission birgt viele Herausforderungen: der lange Flug, die großen Mengen Ausrüstung, die kosmische Strahlung. Zumindest für den Flug glauben Forscher nun eine bessere Lösung gefunden zu haben.
Landung auf dem Mars (Zeichnung): Die von den Forschern Topputo und Belbruno vorgeschlagene Flugbahn käme ganz ohne Bremsmanöver aus und könnte so bis zu 25 Prozent Treibstoff einsparen.
Landendes "Orion"-Raumschiff (Zeichung): Bei dem länger als 400 Tage dauernden Aufenthalt müssen die Astronauten sämtliche auf dem Mars verfügbaren Ressorcen nutzen - etwa Stickstoff und CO2 aus der Atmosphäre und Wassereis von den Polkappen.
Blick in die "Orion"-Kapsel: Genetisch veränderte Mikroben könnten Kraftstoffe, Biopolymere für 3D-Drucker, Nahrung und Arzneimittel synthetisieren.
Annäherung an Raumstation (Zeichnung): Die Missionen zum Mond und zum Mars könnten von der ISS aus starten.
"Orion" angedockt an der Raumstation ISS: Die neue Flugroute zum Mars würde flexiblere Starts ermöglichen. Es gäbe keine engen Zeifenster mehr, in denen eine Rakete abheben müsste.
Mars-Landung (Zeichnung): Der Hinflug dauert mindestens sechs Monate. Er würde sich bei der neuen Methode sogar leicht verlängern.
Rückkehr zum Mond (Zeichnung): Als ersten Schritt plant die Nasa Flüge und Landungen auf dem Mond - mit dem neuen Raumschiff "Orion".
Drei-Zwei-Eins-Start: Der Anfang des Premierenflugs am 5.12.2014 ist geglückt. Das neue Flaggschiff der Nasa ist auf dem Weg in den Orbit.
Bilderbuchstart: Das Wetter in Cape Canaveral war perfekt, es gab keine technischen Probleme.
Die zwei Booster links und rechts der Hauptrakete wurden wenige Minuten nach dem Start abgeworfen - kurz danach auch der Hauptteil der Rakete.
Raumschiff "Orion" (vorn) mit angekoppelter Oberstufe (Zeichung): Beim ersten Testflug wollten die Ingenieure der Nasa und des Industriepartners Lockheed vor allem Daten sammeln.
Startrampe in Cape Canaveral: Eine Schwerlastrakete vom Typ Delta IV beförderte die "Orion" in den Orbit. Sie verfügt über drei Booster.
Premiere: Zuvor wurde "Orion" nur am Boden getestet - im Dezember 2014 drehte das neue Flaggschiff der Nasa zwei Runden um die Erde - noch ohne Astronauten.
Blick ins Raumschiff: Bis zu sechs Astronauten passen in die Kapsel. Für Langzeitflüge will die Nasa die Kapsel mit weiteren Modulen zusammenkoppeln, damit die Astronauten mehr Platz haben und genug Nutzlast mitnehmen können.
"Orion" mit Servicemodul (Zeichnung): In der kegelförmigen Kapsel vorn sitzen die Astronauten. Die Tonne dahinter ist das in Europa hergestellte Servicemodul, in dem der Antrieb sowie Wasser- und Sauerstoffvorräte untergebracht sind. Beim ersten Testflug war das Servicemodul noch nicht dabei, an seiner Stelle wurde ein Dummy montiert. Für den Antrieb im Orbit sorgte dann die noch angekoppelte Oberstufe der Rakete.
Vision Mondlandung (Zeichnung): Die Anleihen bei den legendären Apollo-Fähren sind kaum zu übersehen.
Astronaut Buzz Aldrin auf dem Mond (Archivbild): Mit "Orion" will die Nasa an ihre besten Tage vor über 40 Jahren anknüpfen.
Rasanter Rückflug (Zeichnung): Die "Orion"-Kapsel rast mit 8,9 Kilometern pro Sekunde (32.000 Stundenkilometer) in die Erdatmosphäre. Das Hitzeschild wird dann 2200 Grad heiß - ein wichtiger Test für spätere bemannte Flüge.
Testlandung in der Wüste von Arizona (Archivbild): Drei große Fallschirme sollen die Kapsel auf etwa 25 Stundenkilometer abbremsen.
Testwasserung (Archivbild): Landen soll die Kapsel nicht auf festem Grund, sondern im Pazifik.
Startvorbereitungen (11. November 2014): Das "Orion"-Raumschiff wird zur Startrampe gefahren.
Das Raumschiff sitzt an der Spitze der Schwerlastrakete. Dies hat den Vorteil, dass die Kabine im Falle einer Havarie abgesprengt und mit Düsen aus der Gefahrenzone manövriert werden kann.
Zurück zur Erde: Nach zwei Runden um die Erde ist die "Orion"-Kapsel am 5.12.2014 sicher an Fallschirmen zur Erde zurückgekehrt.
Beim Bergen der gelandeten Kapsel aus dem Pazifik lässt sich die Nasa von der Marine helfen - diese setzt dafür die "USS Anchorage" ein.
Gewässert: "Das ist ein großer Tag für die Welt, für Menschen, die das Weltall kennen und lieben", sagte Nasa-Chef Charles Bolden nach dem geglückten Premierenflug der "Orion".
Gewinnermodell "Z-2 Technology": Bei einer öffentlichen Abstimmung hat die Nasa die Öffentlichkeit über den Raumanzug der Zukunft abstimmen lassen, wie er - womöglich - eines fernen Tages bei Missionen zum Mars zum Einsatz kommen könnte. Die US-Weltraumbehörde hatte drei Designs für den neuen Anzug mit dem Namen "Z-2" vorgestellt. Dieses Modell setzte sich durch.
"Z-2 Biomimicry": Dieses Modell konnte sich bei der Abstimmung nicht durchsetzen. Es sollte sich in seinen Eigenschaften bei verschiedenen Lebewesen wie Fischen oder Reptilien bedienen.
"Z-2 Technology": Die Nasa will im November dieses Jahres einen Prototyp des Anzugs vorstellen. Er soll besonders robust sein und längere Einsätze außerhalb eines Raumfahrzeugs möglich machen. Auf der Oberfläche kommen leuchtende Aufnäher zum Einsatz, mit deren Hilfe sich Crew-Mitglieder auch unter widrigen Bedingungen identifizieren lassen sollen.
Nasa-Raumanzug "Z-1": Die Nasa arbeitet schon seit geraumer Zeit an neuen Raumanzügen, um ihre mehr als 30 Jahre alten EMU-Modelle ("Extravehicular Mobility Unit") abzulösen. Der bisherige Prototyp für die Weiterentwicklung ist hier zu sehen.
Test in Argentinien (März 2011): Auch konkurrierende Entwürfe wurden von der Nasa in der Vergangenheit getestet. Hier ist das Modell "NDX-1" zu sehen.
Luca Parmitano beim Außeneinsatz: Ein Vorfall aus dem vergangenen Jahr beweist, dass tatsächlich Handlungsbedarf bei der Entwicklung neuer Raumanzüge besteht. Im Sommer 2013 war der Esa-Astronaut beinahe in einem amerikanischen EMU-Raumanzug ertrunken. Schuld war eine verstopfte Pumpe im Lebenserhaltungssystem.
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