Satellitenbilder Forscher laden zur Fotosafari auf dem Mars

Tausende Bilder des Roten Planeten hat der "Mars Reconnaissance Orbiter" geschossen. Jetzt laden die Forscher zum Mitmachen ein: Ab sofort kann jeder Internetnutzer per Google Maps die Mars-Oberfläche absuchen - und interessante Stellen von der US-Raumsonde fotografieren lassen.
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Raumsonde MRO: Atemberaubende Fotos vom Mars

Zeit ist das wertvollste Gut, das Besitzer professioneller Astronomie-Instrumente zu vergeben haben: Sie entscheiden darüber, wer ihre sündhaft teuren Großteleskope oder Kameras an Bord von Raumsonden benutzen darf. Die Bewerber brauchen dafür sehr gute Gründe - und nicht selten eine Menge Geduld.

Jetzt aber lassen die Betreiber der hochauflösenden "HiRise"-Kamera an Bord des US-Satelliten "Mars Reconnaissance Orbiter" (MRO) auch Laien mitmachen: Ab sofort kann man auf einer Website nach interessanten Orten auf dem Roten Planeten suchen und Bilder anfordern. Direkten Zugriff auf die Kamera gibt es freilich nicht: Das Forscherteam an der University of Arizona sucht aus den Vorschlägen die besten heraus und setzt sie auf die Aufgabenliste für die Satellitenkamera.

Die Suche nach geeigneten Orten basiert auf der Google-Maps-Technologie. Wenn man eine interessante Stelle gefunden hat, zeichnet man ein Rechteck ein - alles weitere funktioniert automatisch. Wer möchte, kann seine Wahl wissenschaftlich begründen und sie in eine der 18 Forschungskategorien einordnen. Auf der "HiWish"-Website  lassen sich nicht nur neue, noch nicht abgelichtete Stellen auf dem Roten Planeten ausmachen, sondern auch bereits fotografierte. Das ermöglicht faszinierende Streifzüge durch die teils bizarren Landschaften des Mars.

Erst ein Prozent der Mars-Oberfläche fotografiert

Platz für neue Fotos gibt es noch reichlich: Die rund 13.000 Aufnahmen, die "HiRise" bisher zur Erde gefunkt hat, decken lediglich ein Prozent der Marsoberfläche ab. Das liegt vor allem an der Auflösung von einem Meter pro Bildpunkt. Sie ermöglicht zwar extrem detailreiche Fotos, zugleich aber werden nur kleine Gebiete abgedeckt.

"HiWish" geht zu den Wurzeln von "HiRise" (kurz für High Resolution Imaging Science Experiment) zurück, die ursprünglich als "Volkskamera" konzipiert war. Die Wissenschaftler hoffen, dass durch das Projekt das Interesse an ihrer Forschung wieder steigt. Notwendig ist das aus Sicht der Forscher durchaus. Ende 2003 hatte eine Serie spektakulärer Entdeckungen begonnen: Die europäische Raumsonde "Mars Express" lieferte die ersten atemberaubenden 3-D-Bilder von der Oberfläche des Planeten. Zur gleichen Zeit landeten die beiden US-Rover "Spirit" und "Opportunity" auf dem Mars und fanden dort unter anderem Hinweise auf frühere Wasservorkommen. Im März 2006 schließlich erreichte der MRO seine Umlaufbahn.

In letzter Zeit ist es stiller geworden um den Roten Planeten, doch die Forscher der US-Weltraumbehörde Nasa sind nach wie vor auf Gelder angewiesen. Das Interesse der Öffentlichkeit spielt in dieser Hinsicht eine weit größere Rolle als in Europa. "Die Nasa ist abhängig vom Kongress in Washington", sagt Gerhard Neukum von der Freien Universität Berlin. "Und für die Abgeordneten ist die Meinung der Öffentlichkeit äußerst wichtig."

"Nichts anderes als Reklame"

Das sei einer der Gründe, warum die amerikanische Wissenschaft in Sachen Öffentlichkeitsarbeit so viel besser sei als die europäische. "Auch 'HiWish' ist im Grunde vor allem Reklame", sagt Neukum im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. "Neue wissenschaftliche Erkenntnisse sind davon kaum zu erwarten." Doch der Werbeeffekt sei nicht zu verachten. Die Bekanntgabe des "HiWish"-Projekts hat die University of Arizona mit der Veröffentlichung beeindruckender Mars-Fotos garniert. Nicht jedes ist neu, sehenswert aber sind sie alle.

"Forschung hat in den USA eine starke Lobby, aber bei uns ist das nicht üblich und wohl auch nicht möglich", so Neukum, der die hochauflösende Stereokamera (HRSC) an Bord der Raumsonde "Mars Express" maßgeblich entwickelt hat und ihren wissenschaftlichen Betrieb leitet. Innerhalb der nächsten drei Jahre soll die Kamera die Mars-Oberfläche nahezu vollständig abgelichtet haben - zwar in geringerer Auflösung als "HiRise", dafür aber in Farbe und drei Dimensionen.

Neukum hält es prinzipiell für vorstellbar, dass die europäische Weltraumbehörde Esa "Mars Express" auf ähnliche Art der Öffentlichkeit zugänglich macht, wie es in den USA mit dem MRO und "HiRise" geschieht. Was die Umsetzung angeht, hat Neukum allerdings seine Zweifel: "Die Frage ist, ob die Esa flexibel genug wäre."

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