Saturn-Mond Wasser von Enceladus gibt Saturn den blauen Ring
Mit gerade einmal 500 Kilometern Durchmesser ist der Eisklumpen Enceladus eigentlich zu klein für ein aufregendes Innenleben - jedenfalls dachten Wissenschaftler dies bis vor wenigen Jahren. Von ihrem letzten Vorbeiflug aber schickte die Raumsonde Cassini Daten zur Erde, in deren Licht der kleine Saturn-Mond plötzlich als geologische Überraschung dasteht.
Die Messinstrumente fanden einen "Hotspot", einen warmen Punkt unter der Oberfläche nahe des Südpols von Enceladus. Warm bedeutet in dieser Welt nicht viel, doch ein paar Grad mehr machen den Unterschied: Unter der eisigen Oberfläche des Mondes existiert flüssiges Wasser, das gerade wärmer als Null Grad Celsius ist.
Und dieser Wärmeunterschied bewirkt Erstaunliches. Das Fachmagazin "Science" hob den Mond nicht bloß auf das Titelblatt seiner aktuellen Ausgabe, es widmet dem winzigen Mond auch ganze elf Beiträge. Die wichtigsten Erkenntnisse daraus lauten:
Enceladus hat eine Atmosphäre. Das alleine wäre für so einen kleinen Himmelskörper eine veritable Überraschung, wenngleich die Atmosphäre auch nur über dem Südpol ins Auge fällt. Dort schleudert der Mond kleine Eispartikel in die Höhe. Damit nicht genug. Sie steigen so hoch, dass die Enceladus-Splitter ständig den "E-Kreis" des Saturns auffüllen. Der Saturn hat rund 100.000 einzelne Ringe, die wichtigsten werden mit Buchstaben bezeichnet. Der Ring E ist an seiner inneren Kante 180.000, an seiner äußeren 480.000 Kilometer vom Planeten entfernt. Der Mond Enceladus umrundet den Saturn in einer mittleren Entfernung von 238.000 Kilometern - also in direkter Nachbarschaft des Rings.
Atmosphäre beeinflusst Saturns Magnetfeld
Der kleine Mond gibt immerhin soviel Material in seine Atmosphäre ab, dass dieselbe das Magnetfeld des Saturns verändert. Gemeinsam mit anderen Forschern haben die Geophysiker Joachim Saur und Fritz Neubauer von der Universität Köln die Magnetfelddaten aus den Messungen der Cassini-Sonde analysiert. Das Magnetfeld des Planeten reicht weit ins Weltall hinaus, am Südpol von Enceladus können die Forscher eine deutliche Verformung feststellen, wie sie in "Science" schreiben.
"Man hat schon lange spekuliert, dass Enceladus noch ein ungelüftetes Geheimnis verbirgt", sagte Joachim Saur. Denn während Große Teile der Oberfläche des Mondes aus gefrorenem, glänzendem Wassereis bestehen, gibt es da noch die Tigerstreifen. Das sind grünliche Strukturen auf der Mondoberfläche. Sie liegen nahe dem Südpol und damit in unmittelbarer Nachbarschaft des Hotspot.
Die grüne Farbe rührt von organischen Verbindungen her, die Strukturen selbst sind Vertiefungen ähnlich wie Gletscherspalten im Eis. In ihrem Inneren ist die Temperatur des Eises höher als an der ungeschützten Oberfläche. In den Tigerstreifen, so haben die Wissenschaftler gemessen, kommt es zu starker Verdunstung. Da die Atmosphäre von Enceladus zum größten Teil aus gefrorenem Wasserdampf besteht, sehen die Forscher die Tigerstreifen als deren Quelle an.
Tigerstreifen und Geysir
Der Hot Spot selbst liefert noch überraschendere Erkenntnisse: Warum hier flüssiges Wasser von unter der Oberfläche hervorgedrückt wird, darüber gibt es noch Spekulationen. "Aktive Wassergeysire auf dem kleinen Enceladus sind eine große Überraschung. Wir sind immer noch verwirrt wegen der Details und der Energiequellen", sagt Torrence Johnson, Satellitenexperte beim Jet Propulsion Laboratory der Nasa in Pasadena und einer der "Science"-Autoren. "Nun müssen wir dieses Geheimnis lüften."
"Kosmischer Turner, unberechenbare Miniwelt", kommentierte der Hydrology Jeffrey S. Kargel von der University of Arizona. Die Nasa erklärte sogar, da auf dem Mond Wasser vorhanden sei, biete er vielleicht sogar Lebensformen eine Heimat. Jedenfalls gilt Enceladus von nun an als kleinster geologisch aktiver Himmelskörper im Sonnensystem.
Bisher ist man davon ausgegangen, dass aktiver Vulkanismus nur auf der Erde, dem Jupiter-Mond Io und - wahrscheinlich - auf dem Neptun-Mond Triton existiert. Himmelskörper mit Vorkommen flüssigen Wassers sind zwar schon länger bekannt - nicht jedoch so dicht unter der Oberfläche, wie es bei Enceladus offenbar der Fall ist.
Das nächste kosmische Rendezvous hat die Nasa für das Frühjahr 2008 geplant. Enceladus wurde 1789 von dem Deutschen Wilhelm Herschel entdeckt.
stx/AP/dpa