Saturnmond Enceladus Rätsel um spektakuläre Geysire gelöst
Seit die Raumsonde "Cassini" vor etwa zwei Jahren den nur 500 Kilometer messenden Enceladus aus der Nähe fotografiert hat, fasziniert besonders die Südpolregion des eisbedeckten Saturnmonds die Astronomen. Dort gibt es eine Reihe von nahezu parallel angeordneten, etwa 130 Kilometer langen Spalten - scherzhaft "Tigerstreifen" genannt -, die ein paar Grad wärmer sind als ihre Umgebung. Genau diese Strukturen sind auch die Quelle der gewaltigen Fontänen aus Wasserdampf, Gasen und Eiskristallen, die unter anderem einige der Saturnringe mit Nachschub versorgen. Wodurch sich der kleine Mond jedoch so stark aufheizt, dass diese Geysire entstehen, war bislang unklar.
Schon länger vermuten Astronomen hinter dem Phänomen die Gezeitenkräfte des Saturn. Da Enceladus den Planeten auf einer stark verzerrten Umlaufbahn umkreist, wirkt die Gravitation des Saturn unterschiedlich stark auf den kleinen Mond, je nachdem, wie nahe er dem Planeten gerade ist. Dadurch wird er "gequetscht und gedehnt", wie es Francis Nimmo von der University of California in Santa Cruz erklärt.
Diese Verzerrung bewegt auch die Ränder der Eisspalten, so dass sie bis zu einem halben Meter vor und zurück gleiten, hat das Team von Nimmo nun berechnet. Die dabei entstehende Reibungswärme reiche aus, um einerseits die Temperatur zu erhöhen und andererseits das Eis zu verflüssigen und zu verdampfen, schreiben die Forscher im Fachmagazin "Nature" (Bd. 447, S. 289). Voraussetzung dafür sei, dass der Eisschild eine Dicke von mindestens fünf Kilometern habe. Allerdings entweicht nicht das gesamte gasförmige Wasser in den Fontänen, zeigt das Modell: Etwa 90 Prozent kondensieren wieder, bevor sie die Oberfläche erreichen und als Fontäne nach oben schießen.
Die Wissenschaftler vermuten zudem, dass es zwischen der Eisschicht und dem festem Kern des Mondes flüssiges Wasser gibt, auf dem das Eis hin- und hergleiten kann. Im Gegensatz zu früheren Erklärungsansätzen wie vulkanischer Aktivität oder radioaktiven Vorgängen im Inneren des Mondes erkläre das Reibungsmodell alle bisher offenen Fragen, schreiben die Wissenschaftler. Auf den nächsten Cassini-Aufnahmen wollen sie nun überprüfen, ob die von ihnen berechneten Temperaturen tatsächlich stimmen.
hda/ddp