Schlafende Riesen Forscher vermuten aktive Vulkane auf dem Mars

Der Rote Planet ist kein toter Planet. Leben wurde auf dem Mars zwar nicht gefunden - aber Nasa-Forscher haben jetzt Hinweise, dass er sich geologisch regt. Die riesigen Vulkane unseres Nachbarplaneten schlafen demnach nur und können jederzeit wieder aktiv werden.

Vulkane gibt es einige auf dem Mars, riesige - sie sind nur seit geraumer Zeit nicht mehr ausgebrochen. Das heißt aber nicht, dass das nicht wieder passieren könnte. Dafür haben Nasa-Forscher nun neue Hinweise.

Dass der Rote Planet geologisch betrachtet erst vor relativ kurzer Zeit vulkanisch aktiv gewesen sein muss, hatten Esa-Forscher um Gerhard Neukum 2004 anhand von Fotos der Sonde Mars Express herausgefunden. Sie konnten belegen, dass die jüngsten Vulkanausbrüche auf dem Mars gerade einmal zwei Millionen Jahre her sind. Schon 2004 hatten die Forscher spekuliert, dass die Vulkane auch wieder aktiv werden könnten.

Vulkanausbrüche auf dem Mars - das wäre nicht nur ein Spektakel. Sie könnten auch ein späteres Terraforming des Mars erleichtern, also die Schaffung lebensfreundlicher Bedingungen. Denn die riesigen Mengen an Treibhausgasen, die bei Vulkanausbrüchen entweichen, würden den Planeten aufheizen und könnten mithelfen, die trockene und eisige rote Wüste langsam in eine zweite Erde zu verwandeln.

Nasa-Forscher um Jacob Bleacher von der Arizona State University haben drei Mars-Vulkane untersucht, die sich auch schon Neukum genauer angeschaut hatte: Arsia Mons, Pavonis Mons und Ascraeus Mons. Diese drei Riesenvulkane liegen in der Tharsis-Region des Mars und sind wie an einer Schnur entlang der Marsoberfläche aufgereiht. Von Süden nach Nordosten ziehen sich ihre Verbindungslinien über den Marsäquator. Zwar sind sie nicht ganz so groß wie Olympus Mons, die höchste Erhebung in unserem Sonnensystem. Doch im Vergleich zu irdischen Vulkanen sind sie immer noch riesig: Rund 300 Kilometer im Durchmesser messen die drei Kegel. Einer der größten Vulkane der Erde, der Mauna Loa, hat gerade einmal einen Durchmesser von knapp 100 Kilometern.

Tharsis-Region recht aktiv

Die Forscher glauben, dass unterhalb der Marskruste bewegliche Magmaquellen noch immer aktiv sind. Wenn diese auf einen Vulkan treffen, könnten sie ihn wieder zum Leben erwecken.

Dass die Tharsis-Region vulkanisch noch recht aktiv sein muss, darauf deuten nach Ansicht der Forscher die relativ wenigen großen Einschlagskrater hin. Sie sind wie die Altersflecken eines Planeten: Ist er ohne schützende Atmosphäre dem kosmischen Beschuss von Meteoriten hilflos ausgeliefert, sammelt er über die Zeit Einschlagskrater an - statistisch gleichmäßig häufig verteilt. Glatte Regionen auf der Oberfläche eines Planeten müssen daher einem geologischen Facelifting unterzogen worden sein: heißes Magma aus dem Planeteninneren, das von Vulkanen ausgestoßen zu neuem Gestein auf der Oberfläche erkaltete.

Die Nasa-Forscher um Jacob Bleacher konnten nun den Fluss des Magmas unter den drei Vulkanen zurückverfolgen, indem sie die Oberflächenstrukturen der drei Tharsis-Vulkane mit denen von Vulkanen auf Hawaii verglichen. Dazu hatten sich die Forscher die Charakteristiken der Lavaflüsse bei den hawaiianischen Vulkanen angeschaut. Da dort das Alter der Vulkane relativ genau bekannt ist, ergab sich in den Lavastrukturen eine Zeitreferenz für den Mars.

Doch es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen Erde und Mars: Der Rote Planet besitzt keine Plattentektonik. Auf der Erde ist hingegen ständig Bewegung in der Kruste - mit Folgen für die Vulkane. Weil ein Magmaschlot, der tief aus der Erde aufsteigt, seine Position nicht verändert, kann er im Laufe der Jahrmillionen nacheinander mehrere Vulkankrater erzeugen. Wenn sich ein Vulkan langsam mit der Platte vom Schlot wegbewegt, macht er Platz für einen neuen. Die Vulkanketten Hawaiis haben sich nach gängiger Theorie genau so gebildet.

Bewegliche Magmaschlote auf dem Mars?

Die Vulkanketten in der Tharsis-Region müssen anders entstanden sein. "Die Schlote könnten sich unterhalb der Kruste fortbewegt haben", sagte Bleacher. Wie die Vulkane Hawaiis müssten die Tharsis-Vulkane demnach nacheinander von einer Magmaquelle gefüttert worden sein - allerdings von einer, die in Bewegung war.

Beim Vergleich der Lavaflüsse der drei Tharsis-Vulkane mit ihren hawaiianischen Gegenstücken und der zeitlichen Einordnung zeigte sich, dass die Lavastrukturen des nördlichsten Tharsis-Vulkans, Ascraeus Mons, die jüngsten sein müssen. Die südlichsten des Arsia Mons die ältesten. Die Forscher schließen daraus, dass ein Magmaschlot unter Arsia Mons zu einer Eruption führte und dann nordostwärts über Pavonis Mons bis zu Ascraeus Mons hochgewandert sein könnte - und so die Dreierkette der Tharsis-Vulkane bildete.

Doch es gibt noch eine andere Möglichkeit: Der Magmaschlot könnte auch unbeweglich sein und sich nur ausgedehnt haben, während sich die Magma der Oberfläche näherte - ähnlich wie Rauch, der an eine Decke steigt.

"Unsere Erkenntnisse favorisieren keines der beiden Modelle. Doch wenn es eine bewegliche Magmaquelle geben sollte", sagte Bleacher, "dann könnte sie an einen schlafenden Mars-Vulkan stoßen und ihn wieder zum Leben erwecken."

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