
Sonnenstürme: Die gewaltigen Materialflüsse der Sonne
Sonnensturm Forscher enträtseln gigantische Materieströme
Immer wieder schleudern Sonnenstürme hochenergetisches Plasma ins All, ihre Strahlung ist auch noch auf der Erde spürbar. Starke Stürme können das Erdmagnetfeld beeinflussen und damit Tiere verwirren, technisches Gerät beschädigen oder Satelliten stören. Zudem erhöhen sie die Strahlenbelastung für Astronauten und Flugpassagiere.
Erst am Dienstag traf nach einem solchen koronalen Massenauswurf (CME) ein Sturm die Erde. Und noch immer werden wir mit Teilchen bombardiert. Der Flug des Raumfrachters "Cygnus" zur Internationalen Raumstation ISS musste daher kurzfristig verschoben werden.
Die Auswirkungen des aktuell auf die Erde anrollenden Sturms sind zwar minimal, sagen Astronomen. Doch ein Problem bleibt: Das Weltraumwetter ist nur schwer vorhersagbar. Ein jüngst veröffentlichter Nachweis von "gigantischen Strömungszellen" könnte helfen, das zu ändern.
Auf der Sonne brodelt es gewaltig
Zwar sind grobe Zyklen bekannt, nach denen beispielsweise die mit Sonneneruptionen in Verbindung stehenden Sonnenflecken vermehrt auftreten. Die Prozesse rund um das beteiligte Magnetfeld der Sonne sind aber noch nicht vollkommen von Astronomen verstanden.
Eine Rolle spielen der Materialfluss und ständige Strömungen auf der Sonne, die nur auf den ersten Blick wie ein gelber, gleichmäßiger Stern wirkt. Astronomen wissen längst, dass ihre brodelnde Oberfläche eher die Struktur eines Lava-Balls hat - mit großen Gebieten unterschiedlicher Temperatur und Flüssen, die Hitze aus ihrem Inneren nach außen befördern.
Forscher nennen diese Struktur Granulation oder bei größeren Bereichen auch Supergranulation. Denn diese können mit Durchmessern von Tausenden Kilometern planetare Ausmaße annehmen. Jetzt bestätigten sich frühere Vermutungen, dass solche Supergranulen bei weitem noch nicht die größten Vertreter ihrer Art sind.
Wie Luftströmungen auf der Erde
Stattdessen haben Astronomen um den Nasa-Forscher David Hathaway nun "gigantische Zellen" nachgewiesen, die deutlich langlebiger sind als die kleineren Supergranulen oder die noch kleineren Granulen. Ihr Vorkommen ist keine Überraschung, denn Forscher vermuten ihre Existenz seit über 45 Jahren. Der Nachweis gelang mit einem Forschungssatelliten der Nasa, erschienen ist die Arbeit der Astronomen im Fachmagazin "Science" .
Die Messungen des "Helioseismic and Magnetic Imager" (HMI) an Bord des "Solar Dynamics Observatory" (SDO) lieferten Hathaway und seinen Kollegen die benötigten Werte. Mit ihnen beobachteten die Forscher seit 2010 mit stündlichen Aufnahmen die Bewegungen von Supergranulen. Deren Geschwindigkeit und Position zeigte, dass sie durch noch größere Vorgänge beeinflusst werden - durch geradezu gigantische Strömungsfelder.
Bessere Anhaltspunkte für Sonnenwetter
Ähnlich wie Luftströmungen auf der Erde bewegen sich diese von den Forschern als "gigantische Konvektionszellen" bezeichneten Muster im und gegen den Uhrzeigersinn auf der Sonne. Mit der Rotation des Sterns in Verbindung stehende Kräfte verursachen diese Drehbewegung. Durch die so geformten Strömungen lassen sich auch die schnelleren Teilchenströme am Äquator der Sonne erklären.
Während die kleineren Granulen sich mit typischen Durchmessern um 1000 Kilometer und einer Lebenszeit in der Größenordnung von zehn Minuten vergleichsweise schnell auf der Sonne ausbreiten, sind ihre langsamere Verwandten, die Supergranulen, um die 30.000 Kilometer breit und bleiben bis zu einem Tag lang stabil.
Die gigantischen Strömungen jedoch haben Durchmesser von 200.000 Kilometern. Unsere Erde würde gleich dutzendweise in ihnen Platz finden können. Mit ihrer Lebensdauer von rund einem Monat beeinflussen sie die Zustände auf der Sonne zudem längerfristig, so die Wissenschaftler. Sie spielen für Sonneneruptionen und das sich ständig verändernde Magnetfeld des Sterns eine wichtige Rolle - und könnten helfen, die Vorgänge auf der Sonne womöglich sogar vorherzusagen.