Nasa im Glück US-Geheimdienst verschenkt zwei Spionagesatelliten

Zensiertes Foto des Spionagesatelliten: Unverhofftes Geschenk für die Nasa
Berlin - Die Präsentation war nicht frei von Komik. Bei einem Treffen der National Academies in Washington zeigte Alan Dressler von den Observatories of the Carnegie Institute das Foto eines Satelliten, den die Nasa in zweifacher Ausführung geschenkt bekommen hatte. Das Bild war größtenteils mit schwarzen Blöcken bedeckt - zu erkennen war außer einer Person im Vordergrund und einem in Metallfolie gewickelten Körper kaum etwas - siehe Foto oben.
"Das wirkliche Teleskop" steht über dem Foto und: "Okay, es ist zensiert." Gelächter unter den Anwesenden. Das Ganze war ein Scherz, das angeblich zensierte Foto zeigt das Forschungsteleskop "Hubble". Aber der Gag saß. Schließlich stammen die beiden Satelliten vom National Reconnaissance Office, dem Geheimdienst, der die Flotte amerikanischer Spionagesatelliten betreibt.
Die Spiegel der Teleskope an Bord der Satelliten haben einen Durchmesser von 2,4 Metern und sind damit vergleichbar mit dem legendären Weltraumteleskop "Hubble". Die Spiegel besitzen jedoch eine andere Form, was ein weiteres Sichtfeld ermöglicht. Kameras oder Messgeräte sind nicht montiert, diese müsste die Nasa anbauen.
Bei der Weltraumagentur ist man glücklich über die unverhofften Geschenke: "Das ist eine gute Nachricht", sagte Paul Hertz, Chef des Bereichs Astrophysik der Nasa, der "Washington Post". "Das ist echte Hardware mit wirklich eindrucksvollen Fähigkeiten."
Technische Details unbekannt
Beim National Reconnaissance Office hatte man offenbar keine Verwendung mehr für die Satelliten, deren Optik sogar besser sein soll als bei "Hubble". Einzelne Komponenten wurden noch abgebaut, bevor Nasa-Experten die Orbiter in Augenschein nehmen konnten.
Niemand weiß genau, um was für Satelliten genau es sich handelt. Die "Washington Post" spekuliert, es könnten Versionen des Spionagesatelliten "KH-11 Kennan" sein. Diese werden bereits seit 1976 ins All geschossen. Von den Orbitern sollen diverse, weltweit veröffentlichte Satellitenfotos stammen, etwa vom Krieg gegen den Terror aus Sudan und Afghanistan.
Die beiden Orbiter könnten der Nasa helfen, ein zwischenzeitlich auf Eis gelegtes Forschungsprojekt doch noch zu realisieren. Mit dem sogenannten Wide-Field Infrared Survey Telescope (WFirst) sollte nach dunkler Energie und nach Exoplaneten gefahndet werden. Wegen Geldmangel wurde es jedoch gestoppt.
Schuld an den knappen Kassen ist vor allem der Bau des "James Webb Telescope" , das 2018 starten soll. Die Kosten werden auf neun Milliarden Dollar geschätzt, der Start des "Hubble"-Nachfolgers musste bereits um mehrere Jahre verschoben werden. Der Teleskopspiegel bei James Webb hat einen Durchmesser von 6,5 Metern. Mit ihm wollen Astronomen Galaxien unter anderem aus der Frühzeit des Universums aufspüren und Planeten bei ihrer Entstehung beobachten. Es wird überwiegend im Infrarotbereich arbeiten. WFirst war deutlich kleiner konzipiert, der Spiegel sollte nur 1,5 Meter groß sein. Die beiden Spionagesatelliten bieten im Vergleich dazu mehr.
Der Nasa-Astronaut John Grunsfeld, der 2009 bei Außeneinsätzen das Teleskop "Hubble" repariert hatte, war einer der ersten, der sich die beiden Spionagesatelliten genauer ansehen konnte. Er war sich anfangs nicht sicher, ob sie sich überhaupt für die Zwecke der Nasa eignen würden. Sie sollen ja nicht Anwesen von Terroristen ablichten, sondern ferne Galaxien. Schließlich befragte er eine Gruppe Astronomen, die sich mit dunkler Energie beschäftigt. "Ändern Sie nichts daran, es ist perfekt", lautete ihre Antwort, berichtete Grunsfeld nun der "New York Times".
Wissenschaftliche Nutzung möglich
Beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hält man eine Umwidmung der Spionagesatelliten für möglich, auch wenn sich die der Beobachtungsgegenstand ändert. "Ich sehe auf den ersten Blick grundsätzlich keinen Hinderungsgrund, die vorhandenen Spiegel für wissenschaftliche Satelliten zu verwenden", sagte DLR-Experte Manfred Gaida zu SPIEGEL ONLINE. Aber natürlich müsse man schauen, ob sich die Nutzung lohne im Vergleich zu anderen laufenden und geplanten Projekten der weltraum- und bodengestützten Beobachtung.
Für die Nasa könnten die beiden Satelliten ein echter Glücksfall sein. Für relativ wenig Geld kann sie ein Projekt realisieren, was kaum noch möglich schien. Die gute Ausstattung der Orbiter spart beim Start und Betrieb zudem Geld: Sie müssen nicht in eine Umlaufbahn um die Sonne geschossen werden, eine geostationäre Bahn reicht. Die Mission wird außerdem schneller abgeschlossen sein, und der Datentransfer zur Erde geht auch schneller.