
"Voyager 1": Auf der Schwelle des interstellaren Raums
"Voyager 1" Seltsame Signale vom Rand des Sonnensystems
Im September 1977 begann der Flug von "Voyager 1" - und noch immer ist die Sonde unterwegs. Inzwischen ist sie in den Randbereich des Sonnensystems vorgedrungen. Und aus dieser zuvor unerforschten Region haben Astronomen nun ungewöhnliche Messwerte aufgefangen, wie sie in drei Fachartikeln im Wissenschaftsmagazin "Science" berichten.
Zurzeit ist "Voyager 1" rund 18,5 Milliarden Kilometer weit von der Sonne entfernt. Ihre Schwester-Sonde "Voyager 2" ist mit einer Entfernung zur Sonne von gut 15 Milliarden Kilometer noch nicht ganz so weit draußen. (Hier lässt sich die aktuelle Entfernung der Sonden zu Sonne und Erde ablesen.) Zum Vergleich: Zwischen Erde und Sonne liegt eine Distanz von rund 149 Millionen Kilometern.
Wissenschaftler rechnen damit, dass die Sonde demnächst unser Sonnensystem verlassen und in den interstellaren Raum eintauchen wird. Die Grenze unseres Sonnensystems, die Heliopause, ist definiert als derjenige Ort, an dem der magnetische Einfluss der Sonne endet. Dort stößt der konstante Teilchenstrom von der Sonne auf die einströmenden interstellaren Teilchen, und das Magnetfeld der Sonne knickt ab. Astronomen nennen die Grenzregion vor der Heliopause die Helioscheide. "Voyager 1", der fernste Botschafter der Menschheit, hat die Helioscheide erreicht, aber noch nicht durchquert.
Auf der Magnetautobahn in den interstellaren Raum
Am 25. August des vergangenen Jahres sank die Zahl der von der Sonne stammenden Teilchen in den Messgeräten von "Voyager 1" plötzlich um mehr als den Faktor 1000. Gleichzeitig nahm die Zahl interstellarer Teilchen um knapp zehn Prozent zu, wie ein Team um Stamatios Krimigis von der Johns Hopkins University in "Science" berichtet . Das ist ein deutliches Zeichen, dass sich die Raumsonde dem interstellaren Raum nähert.
Gleichzeitig änderte sich die Richtung des solaren Magnetfelds jedoch nicht, wie eine Gruppe um Leonard Burlaga vom Goddard Space Flight Center der US-Raumfahrtbehörde Nasa in "Science" schreibt . Diese Beobachtung zeige, dass "Voyager 1 eine unerwartete "Verarmungszone" der Helioscheide erreicht habe.
Diese Region wirke auf elektrisch geladene Teilchen wie eine Magnetautobahn, erläutern Forscher um den "Voyager"-Projektwissenschaftler Edward Stone vom California Institute of Technology, dessen Gruppe einen dritten Fachaufsatz in "Science" veröffentlicht hat, und der Teile der Beobachtungen bereits auf der Jahrestagung der American Geophysical Union (AGU) im Dezember präsentiert hatte. Eine Pressemitteilung der AGU hatte anschließend für Verwirrung gesorgt - es war der Eindruck entstanden, dass "Voyager 1" das Sonnensystem bereits verlassen hatte. Das ist jedoch noch nicht der Fall.
Auf der Magnetautobahn sind die Magnetfeldlinien der Sonne mit interstellaren Feldlinien verknüpft. Das erlaubt den elektrisch geladenen Sonnenteilchen, die vorher noch wie in einem engen Straßennetz hin und her gewandert seien, ins All hinauszusausen. "Obwohl sich 'Voyager 1' immer noch innerhalb der Sonnenumgebung befindet, bekommen wir jetzt einen Vorgeschmack darauf, wie es draußen ist, denn die Teilchen sausen hinein und hinaus auf dieser Magnetautobahn", hatte Stone in einer Nasa-Mitteilung vom Dezember erläutert. "Wir glauben, dass dies die letzte Etappe auf der Reise in den interstellaren Raum ist."
Wie lange "Voyager 1" noch fliegen muss, um den interstellaren Raum zu erreichen, können die Astronomen nicht vorhersagen. Es könnte noch Monate dauern - oder sogar Jahre.
Botschaft für außerirdische Zivilisationen
"Voyager 1" wurde am 5. September 1977 gestartet, die Zwillingssonde "Voyager 2" schon rund zwei Wochen vorher, am 20. August. In einer "großen Tournee" durch das äußere Sonnensystem haben die Sonden seitdem die großen Planeten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun besucht.
"Voyager 1" rast mit einer Geschwindigkeit von rund 61.000 Kilometern pro Stunde durch den Raum, wegen der enormen Entfernung sind ihre Funksignale inzwischen rund 17 Stunden zur Erde unterwegs. Die etwas langsamer fliegende "Voyager 2" ist heute dank ihres früheren Starts die am längsten kontinuierlich betriebene Raumsonde der Menschheit.
Die "Voyager"-Zwillinge tragen eine Botschaft an mögliche außerirdische Zivilisationen mit sich: je eine mit Gold überzogene Kupferschallplatte (Titel: "Laute der Erde") und einen Plattenspieler - mit Gebrauchsanleitung.