Während Weltraum-Spaziergang Computercrash an Bord der ISS

Neustart, Fehlersuche und hoffen, dass alles wieder läuft: Die Astronauten an Bord der Internationalen Raumstation haben höchst irdische Probleme. Ein Computer stürzte ab, während zwei Kollegen im All werkelten.

Houston - Über sechs Stunden lang hantierten die US-Astronauten Rick Mastracchio und Dave Williams an einem zwei Tonnen schweren Bauteil für die Internationale Raumstation (ISS) herum - das alles in ihren klobigen weißen Raumanzügen. Doch während die Raumfahrer draußen im All arbeiteten, schaltete sich drinnen plötzlich ein Kontrollrechner ab. Es handelte sich dabei nach Angaben der US-Raumfahrtbehörde Nasa um einen amerikanischen Computer. Sofort seien zwei Ersatzcomputer aktiviert worden, es habe keine Gefahr für die Crew bestanden, hieß es im Bodenkontrollzentrum im texanischen Houston.

Es sind solche Meldungen aus der entrückten Hightech-Welt der Raumfahrer, die Ausflüge ins All auch Laien auf der Erde emotional nahe bringen: Ein diskreter Toilettenbesuch wird dort zum Multimillionen-Ingenieurskunststück. Die Herstellung sprudelnder Erfrischungsgetränke ist hohe Physik. Und wenn einmal ein Astronaut Golf spielen will, streiten sich monatelang russisch-amerikanische Expertengremien. Nur eines ist dort oben ein so vertrautes Ärgernis wie hier unten. Mitten bei der Arbeit hängt sich der Computer auf.

Joel Montalbano, der für die Raumstation verantwortliche Flugdirektor, geht von einem Softwareproblem aus. Er sagte, sobald der Fehler gefunden sei, könne der Computer wieder in Betrieb genommen werden. Erst bei der letzten Shuttle-Mission zur ISS im Juni diesen Jahres war es zu einer schwerwiegenden Computerpanne an Bord der ISS gekommen: Damals fiel im russischen Teil der Station ein in Deutschland gefertigter Rechner aus, der unter anderem die Position der Station in der Umlaufbahn kontrolliert. Den Fehler zu finden und ihn zu beheben, stellte sich damals als so kompliziert heraus, dass der Shuttle "Atlantis" länger als geplant an die ISS angedockt bleiben musste - und der Raumfähre die Energiereserven auszugehen drohten.

Inspektion des Hitzekachel-Schadens

Mit der neuerlichen - mutmaßlich weniger gravierenden - Computerpanne haben die Astronauten im Erdorbit nun zwei außerplanmäßige Punkte auf ihrem Arbeitsplan. Denn im Laufe des Tages soll auch endlich ein Schaden an der Unterseite der Raumfähre inspiziert werden. Bei der Analyse von 296 Fotos der Hitzekacheln an der Unterseite der Fähre war der Schaden entdeckt worden. Heute wird sich ein Astronaut per Roboterarm die Stelle noch einmal ganz genau anschauen: Etwa acht Zentimeter lang soll die Schramme sein, eine Fläche von rund 50 Quadratzentimetern sei beschädigt, teilte die Nasa mit. Knapp eine Minute nach dem Start in Cape Canaveral habe sich ein Grapefruit-großes Stück Schaumstoff vom Außentank des Shuttles gelöst und den Raumgleiter in der Nähe einer Fahrwerksklappe getroffen.

"Was das bedeutet, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen", sagte der Nasa-Missionsmanager John Shannon. Auch auf anderen Kacheln des Hitzeschildes seien weiße Stellen erkennbar. Mit dem Laser sollte am Sonntag die Tiefe der Furche ermittelt werden. Danach wollte die NASA über das weitere Vorgehen entscheiden. Bislang waren bei dieser Endeavour-Mission mindestens drei Weltraumspaziergänge geplant. Sollte eine Reparatur des Hitzeschilds nötig werden, könnte ein vierter Außeneinsatz hinzukommen. Dann würde sich die Endeavour-Mission von elf auf 14 Tage verlängern.

Bei ihrem ersten Weltraumspaziergang haben die beiden Astronauten Mastracchio und Williams unter anderem einen 3,37 Meter langen und 4,24 Meter hohen Metallträger auf der Steuerbordseite der Internationalen Raumstation angebracht, an dem im nächsten Jahr ein viertes Sonnensegel montiert werden soll.

Lehrerin wundert sich über Schwerelosigkeit

Im Mittelpunkt der Endeavour-Mission steht die 55-jährige Lehrerin Barbara Morgan. Sie hatte 1986 als Ersatzfrau für die bei der Challenger-Katastrophe umgekommene Astronautin Christa McAuliffe bereitgestanden. Nach dem Unglück hatte Morgan zunächst ihre Arbeit an der Schule wieder aufgenommen und war erst 1998 ins Astronauten-Training zurückgekehrt. Nun soll sie vom All aus Schüler unterrichten.

Nach der freundlichen Begrüßung durch die alte ISS-Besatzung mit vielen Umarmungen und viel Händeschütteln berichtete Morgan von ihren ersten Eindrücken. "Zu Anfang musste ich mich erst an das Gefühl hier im All gewöhnen. Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, auf dem Kopf zu stehen", sagte die Lehrerin in einer Videoschaltung. Außerdem scherzte sie über die Schwerelosigkeit, die Dinge immer wieder verschwinden lasse. "Wir sollten nachher eine Schatzsuche starten."

stx/AFP/Reuters

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