Raumfahrt Der wahnsinnige Traum von der Sternenreise
Vor 40 Jahren plante die Nasa, ein Dutzend Astronauten in zwei Raumschiffen zum Mars zu schicken. Der damalige Leiter des Raumfahrtzentrums Wernher von Braun stellte das Projekt im August 1969 vor, zwei Wochen, nachdem die ersten Astronauten von einer "Saturn V"-Rakete ("Apollo 11") auf den Mond gebracht worden waren. Von Braun nannte als Termin für den Start zum Mars den 12. November 1981. Die Raketen sollten von Atomreaktoren angetrieben werden, die superheißen Wasserstoff ausstoßen.
30 Jahre nach dem angekündigten Termin war immer noch kein Mensch auf dem Mars. Nasa-Physiker Les Johnson leitet heute ein Team, das die Machbarkeit "fortgeschrittener Konzepte" in der Raumfahrttechnik bewertet. Allerdings setzt die Nasa derzeit auf konventionelle Raketen. Sie sucht einen Nachfolger für die "Saturn V".
Das Nerva-Projekt wurde 1973 beendet. Seither haben sich Menschen nie mehr weiter als 600 Kilometer von der Erde entfernt. Und jetzt reden wir wieder darüber, zu anderen Sternen zu reisen?
Astronomen haben bei vielen Sternen in unserer kosmischen Nachbarschaft Planeten entdeckt. Sie hoffen, darunter schon bald einen zu finden, der unserer Erde ähnlich ist, auf dem es Leben geben könnte. Das würde die Reiselust beflügeln. Auch unsere Technik ist leistungsfähiger geworden.
"Wir sind überzeugt, dass da draußen unsere Zukunft liegt"
Zwar sind die Technologien noch nicht reif, um Roboter auf einem Millionen Kilometer entfernten Asteroiden in annähernder Schwerelosigkeit Erze fördern und verarbeiten zu lassen. Auch einen Asteroiden näher zur Erde zu holen, ist noch nicht möglich. "Doch wir sind überzeugt, dass da draußen unsere Zukunft liegt. Und natürlich hoffen wir, eine Menge Geld zu verdienen", sagt SpaceX-Mitbegründer Eric Anderson.
Das hat der 41-jährige Milliardär Elon Musk, Gründer von PayPal und Tesla Motors, schon getan. Einen großen Teil seines Vermögens steckt er nun in das Raumfahrtprogramm SpaceX. Das Unternehmen hat eine neue Trägerrakete entwickelt. Sie kann angeblich doppelt so viel Nutzlast ins All tragen wie ein Space Shuttle, für ein Fünftel der Kosten. Das reicht Musk aber nicht. Sein Ziel ist die Entwicklung einer vollständig wiederverwendbaren Trägerrakete. Sie würde die Transportkosten auf ein Fünfzigstel oder gar ein Hundertstel des heutigen Preises drücken. "Die meisten Leute halten das für unmöglich. Ich gehöre nicht zu denen", sagt Musk.
Für ihn ist dies sowieso nur Teil eines viel größeren Vorhabens: der Gründung einer dauerhaften Siedlung von Menschen auf dem Mars.
"Menschen und hinreichend Ausrüstung zum Mars zu transportieren, um dort eine sich selbst tragende Zivilisation zu etablieren, wird das Schwierigste sein, was die Menschheit je getan hat - wenn wir es denn schaffen sollten", sagt Musk.
17.000 Jahre Reisezeit bis zum nächsten Stern
Womit wir beim Thema Geschwindigkeit wären. Das schnellste jemals gebaute Raumfahrzeug flog 253.000 Kilometer pro Stunde. Für die 40.000 Milliarden Kilometer bis Proxima Centauri, dem unserer Sonne nächsten Stern, würde sie dennoch mehr als 17.000 Jahre benötigen.
Der Physiker Andreas Tziolas ist "überzeugt, dass wir innerhalb eines Jahrhunderts irgendeine Form der interstellaren Erkundung möglich machen können".
Zum Beispiel durch ein Raumschifftriebwerk, das die Kernfusion nutzt, die Energiequelle der Sterne. Er hält es für möglich, bis 2100 ein Fusionstriebwerk zu konstruieren, das ein Raumschiff auf 15 bis 20 Prozent der Lichtgeschwindigkeit beschleunigen kann. Damit würde man den nächsten Stern in nur wenigen Jahrzehnten erreichen - falls die Bordtechnik so lange durchhält.
Doch derzeit sind Fusionsantriebe noch Technikerträume. Am weitesten gediehen ist bislang die Entwicklung der einfachsten Methode, ein Raumschiff zu beschleunigen: per Sonnensegel. Im luftleeren All tritt das Licht an die Stelle des Windes. Licht besteht aus Photonen, Teilchen, die auf alles ihnen im Weg Liegende Druck ausüben. Der Druck des Sonnenlichts auf die Erde beträgt etwa drei Gramm auf einer Fläche von der Größe eines Fußballfeldes. Doch diese zarte Kraft könnte ein Raumschiff langsam, aber sicher auf ein hohes Tempo beschleunigen - wenn das Segel nur groß genug ist.
"Wir wissen noch nicht einmal, wie man so etwas baut", räumt der Nasa-Pionier Les Johnson ein. Und überhaupt: Das Sonnenlicht allein würde nicht ausreichen, um das Segel bis zu einem anderen Stern zu treiben. Dafür wären im All stationierte Laser nötig. "Darüber nachzudenken, was für eine bemannte Reise nötig wäre", sagt Johnson, "wie groß das Raumschiff sein müsste und wieviel Energie es benötigen würde, das wäre reine Science-Fiction."
Aber genau hier liegt die Herausforderung für alle Wissenschaften. Es geht vorerst nicht darum, ein Raumschiff zu bauen, sondern eine Gesellschaft zu inspirieren, dass sie ein solches Raumschiff bauen will.
Der Text ist eine gekürzte Fassung aus National Geographic Deutschland, Ausgabe Januar 2013. Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie unter nationalgeographic.de/raumfahrt