DFB-Psychologe zu Mertesacker-Aussagen "An den Stress gewöhnt sich kein Mensch"
Nationalelf-Psychologe Hans-Dieter Hermann begrüßt die "wichtige Debatte", die Per Mertesacker angestoßen hat. Mit dem Druck normaler Angestellter könne man den Stress von Fußballprofis nicht vergleichen.
Der Teampsychologe der deutschen Nationalmannschaft, Hans-Dieter Hermann, hat die Äußerungen von Per Mertesacker über den großen Druck im Profifußball begrüßt. "Ich finde es sehr gut, was Per gesagt hat. Er stößt eine wichtige Debatte an", sagte Hermann der Funke Mediengruppe.
Den Vorwurf, der Weltmeister von 2014 jammere in unangemessener Weise, wies der 57 Jahre alte Sportpsychologe zurück. "Spieler sind keine Opfer. Den Eindruck wollte Per auch nicht erwecken. Er und seine Kollegen sind dankbar für das Leben, das sie führen dürfen."
Spitzensportler mit hohem Einkommen seien keine Übermenschen, sagte Hermann: "Profifußballer stehen unter einem enormen Stress." Mit dem Druck normaler Angestellter könne man das nicht vergleichen. "An den Stress, öffentlich zu leisten und von sogenannten Experten, von Medien oder Zuschauern sofort öffentlich bewertet und im negativen Fall bloßgestellt oder komplett infrage gestellt zu werden, gewöhnt sich kein Mensch", betonte Hermann: "Das schafft Druck. Öffentliches Leisten ist viel schwieriger als privates Leisten."
Ex-Profi Buck pflichtet Mertesacker bei
Mertesacker hatte in einem SPIEGEL-Interview offen über extreme Drucksituationen gesprochen und dafür Lob wie Kritik aus der Fußballbranche bekommen. Besonders seine Schilderungen über die Erleichterung nach dem WM-Aus 2006 hatten für Aufsehen gesorgt. "Klar war ich auch enttäuscht, als wir gegen Italien ausgeschieden sind, aber vor allem war ich erleichtert", hatte Mertesacker gesagt.
Mit Andreas Buck hat zuletzt ein weiterer Profifußballer über den Druck gesprochen, der ihn in seiner Zeit beim 1. FC Kaiserslautern und beim VfB Stuttgart begleitet habe. "Der Job wäre super , wenn die Spiele nicht wären", sagte Buck in einem Interview mit dem SWR. Auch er habe Phasen erlebt, in denen er eine Verletzungspause herbeigesehnt habe, um "den Reset-Knopf drücken" zu können.
chh/dpa